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USA: 'Bürgerwehr' gegen illegale Einwanderer in Arizona
(Langfassung, nur online verfügbar)

Im April hat die erste Phase des umstrittenen Projekts „Minuteman“ im Bundesstaat Arizona begonnen. Im Rahmen dieses Projekts wurde eine so genannte Bürgerwehr eingerichtet. Sie führt Patrouillen an der Grenze zu Mexiko durch. Erklärtes Ziel der Organisatoren ist eine weitere Verstärkung der Grenzkontrollen, um illegale Einwanderung zu erschweren.

Das nach Milizen im amerikanischen Revolutionskrieg (1775-1783) benannte „Minuteman“-Projekt will eigenen Angaben zufolge auf die Ineffizienz der bisherigen Grenzkontrollen an der US-amerikanischen Südgrenze hinweisen. Bis zum Start des Projekts hatten sich etwa 1.000 Freiwillige aus mehreren Landesteilen der USA für eine Teilnahme am Patrouillendienst angemeldet. Sie wurden in eigens dafür eingerichteten Camps für die Dauer der ersten Phase des Projekts untergebracht.

Nach Angaben der Organisatoren bestehe die Aufgabe der Freiwilligen darin, illegal einreisende Migranten aufzuspüren und sie den Grenzschützern der Border Patrol zu melden (siehe auch Kurzmeldungen). Dabei seien die privaten Streifen unbewaffnet. Bürgerrechtsverbände sowie Vertreter der mexikanischen Regierung bezweifeln, dass sich die Teilnehmer des Projekts an diese Vorgaben halten werden. Stattdessen seien Menschenrechtsverletzungen, etwa in Form von willkürlichen Festnahmen, zu befürchten. Außerdem bestehe die Gefahr fremdenfeindlicher Übergriffe. Medienberichten zufolge sind unter den teilnehmenden Freiwilligen auch Mitglieder von rechtsextremen Gruppen (so genannte „White Supremacy Groups“).

Auch die zum Teil drastischen Erklärungen von Organisatoren des Minuteman-Projekts sind auf Kritik gestoßen. Der Gründer des Projekts, James Gilchrist, sagte zum Ziel der privaten Grenzschutzoperation: „Wir müssen unsere Heimat schützen, die durch Horden einfallender illegaler Ausländer ausgeplündert wird.“ Diverse Bürgerrechtsverbände drohten bereits mit einem landesweiten Boykott-Aufruf gegen Unternehmen aus Arizona, falls das Minuteman-Projekt fortgesetzt werden sollte.

Unterstützung erhielten die Organisatoren von einigen Abgeordneten des US-amerikanischen Kongresses. Der Vorsitzende des Ausschusses für eine Einwanderungsreform, Tom Tancredo (Republikaner), bezeichnete die Aktion als erfolgreich und wegweisend. Führende Vertreter der Bürgerwehr, unter ihnen der Bürgerwehr-Gründer James Gilchrist, wurden von Tancredo zu einer Vorsprache im parlamentarischen Ausschuss eingeladen.

Den Organisatoren des Minuteman-Projekts zufolge habe die massive Präsenz an der Grenze bereits erste Erfolge gezeigt. In dem 32 km langen Einsatzgebiet sei die Zahl der Aufgriffe seit Beginn der Operation drastisch zurückgegangen und die illegale Einwanderung weitgehend gestoppt worden.

Die für den Grenzschutz zuständige Border Patrol gab hingegen zu bedenken, dass gleichzeitig die Aufgriffszahlen in anderen Abschnitten der Grenze angestiegen seien. Vor allem in einem westlich angrenzenden Wüstengebiet stieg die Zahl der Aufgriffe in den ersten beiden Wochen des Minuteman-Projekts um 6.000 Personen. Andy Adame, Sprecher der Border Patrol im Sektor von Tuscon (Arizona) warnte diesbezüglich vor einem Anstieg der Todesfälle: „Sobald wir dort draußen einen Anstieg der Aufgriffe beobachten, haben wir auch einen Anstieg von hitzebedingten Todesfällen zu beklagen.“ Außerdem wies Adame darauf hin, dass durch das Minuteman-Projekt Ressourcen der Border Patrol unnötigerweise umgeleitet wurden. So hätten Teilnehmer der Operation während ihrer Grenzpatrouillen mehrfach von der Border Patrol installierte Sensoren ausgelöst. Ein längerfristiger Verbleib der Bürgerwehren würde die Arbeit der Grenzpatrouille erschweren, so Adame.

Die Organisatoren kündigten eine Fortführung und Expansion des Minuteman-Projekts an. Nach dem Abschluss der ersten Phase Ende April würden die Aktionen solange weitergeführt werden, bis der Kongress auf ihre Forderungen eingehe und entweder die Nationalgarde oder Armee-Einheiten an der Grenze einsetze. Das Projekt werde außerdem auf fünf weitere Bundesstaaten, sowohl an der Grenze als auch im Binnenland, ausgeweitet (Kalifornien, New Mexico, Texas, Michigan, Idaho). Bereits im Herbst 2005 sollen nach Angaben der Organisatoren des Projekts Tausende Freiwillige an der gesamten Grenze zwischen den USA und Mexiko eingesetzt werden.

Das US-amerikanische Heimatschutzministerium kündigte bereits an, 700 neue Grenzschutzoffiziere sowie zusätzliche Aufklärungsflugzeuge nach Arizona zu senden. Dann wären an diesem Grenzabschnitt insgesamt rund 3.000 Grenzschützer im Einsatz.

Nach der Verschärfung des Grenzschutzes in Kalifornien seit Mitte der 1990er Jahre haben sich die Migrationsrouten nach Osten verschoben (vgl. MuB 9/99). Allein in Arizona fanden 2004 rund 40% der insgesamt 1,2 Mio. Aufgriffe von illegal einreisenden Migranten statt. Seit Ende der 1990er Jahre sind in diesem Bundesstaat vermehrt private Grenzschutzverbände aktiv (vgl. MuB 5/00).

In Mexiko stößt das Minuteman-Projekt auf allgemeine Ablehnung. Die mexikanischen Regierungsbehörden informierten Migranten an der Grenze zu den USA über die Gefahren von möglichen Konfrontationen mit den privaten Grenzpatrouillen.

Außerdem kündigten Vertreter des mexikanischen Außenministeriums an, Fälle von eventuellen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und gegebenenfalls rechtlich zu verfolgen. sta

Weitere Informationen:
www.minutemanproject.com (engl.)
http://uscis.gov/graphics/shared/statistics/data/index.htm (engl.)
www.afsc.org/news/2005/document-abuses-rls.htm (engl.)
www.sre.gob.mx/eventos/minuteman/ (span.)

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