Deutschland: Innenminister lehnen Abschiebestop für algerische Flüchtlinge ab

2. Februar 1998

Die Innenminister von Bund und Ländern haben einen generellen Abschiebestop für Flüchtlinge aus Algerien abgelehnt. Auf einer Sondersitzung der Innenministerkonferenz sprachen sie sich mehrheitlich für die Beibehaltung der Einzelfallprüfung aus. Grundlage der Entscheidung war der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Algerien, demzufolge es dort keine systematische Verfolgung von Zivilisten durch den Staat und keine Anzeichen für einen Bürgerkrieg gebe. Einige SPD-regierte Bundesländer hatten schon im Vorfeld der Konferenz angekündigt, ungeachtet der Entscheidung für Algerier generell befristete Duldungen aussprechen zu wollen.

1997 wurden in Deutschland 2.418 Verfahren von algerischen Asylbewerbern entschieden. Als politisch Verfolgte anerkannt wurden 30 Personen (= 1,2 %), weitere 19 erhielten Abschiebeschutz. EU-weit lag die Anerkennungsquote 1996 bei 3,7 %. Asyl finden nur jene Flüchtlinge, die individuelle staatliche Verfolgung nachweisen können. Dies gelingt derzeit überwiegend nur ehemaligen Mitgliedern der Islamischen Heilsfront (FIS). Für algerische Flüchtlinge ist diese Praxis nach Einschätzung der UN-Flüchtlingshochkommissarin Sadako Ogata problematisch, weil viele von ihnen aus Angst vor Gewaltakten militanter islamischer Gruppen geflohen seien. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International weist auf die Mitschuld des algerischen Staates hin, der seiner Schutzpflicht nicht nachkomme.

Den Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und der bewaffneten Opposition sind seit Januar 1992 bis zu 80.000 Menschen zum Opfer gefallen. Auslöser war die Annullierung der zweiten Runde der Parlamentswahlen, in der sich ein Sieg der Islamischen Heilsfront (FIS) abzeichnete.

Obwohl die algerische Regierung behauptet, die Sicherheitslage unter Kontrolle zu haben, werden immer mehr Zivilisten Opfer von Massakern. Bisher weigert sich die Regierung, aus dem Ausland humanitäre Hilfe für die Opfer zu akzeptieren oder eine unabhängige Untersuchung der Gewaltakte zuzulassen. rem