Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der in Großbritannien und Belgien gestellten Asylanträge durch tschechische bzw. slowakische Roma stark angestiegen. Nach offiziellen Angaben stellten in Großbritannien in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 588 tschechische Roma nach ihrer Ankunft einen Antrag auf Asyl. 1998 lag die Zahl der Asylanträge tschechischer Roma bei 512. Die belgische Regierung spricht von etwa 1.000 Asylanträgen slowakischer Roma im Vorjahr 1998. Die Zahl der Anträge habe sich dieses Jahr erheblich erhöht.
In der belgischen Regenbogenkoalition aus Liberalen, Grünen und Sozialisten ist indes ein Streit um die Abschiebung slowakischer Roma entbrannt. Anfang Oktober 1999 schob die Genter Polizei 74 Roma in die Slowakische Republik ab. Flüchtlingshilfsorganisationen erwirkten zuvor für zwei Familien, die von der Abschiebung bedroht waren, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Moratorium bis zum 12. Oktober. Nach Angaben des belgischen Innenministeriums habe man erst von der Straßburger Entscheidung erfahren, als das Flugzeug bereits gestartet war. Bis Ende Oktober sollen insgesamt 450 Roma aus Belgien abgeschoben werden.
Die im Juni 1999 abgewählte Regierung hatte seit dem Herbst 1998 keine abgelehnten Asylbewerber mehr abgeschoben. Damals war eine 20-jährige Nigerianerin im Flugzeug von einem belgischen Polizisten mit einem Kissen ruhig gestellt" und dabei erstickt worden. Seitdem sind die Asylbewerberzahlen in Belgien stark gestiegen. Seit Anfang des Jahres 1999 stellten 24.500 Personen einen Antrag auf Asyl, allein im September gab es 4.740 Anträge. Die neue Regierung unter dem liberalen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt ist sich mit Menschenrechtsorganisationen einig, dass das Asylverfahren vereinfacht und beschleunigt werden müsse. Die Regenbogenkoalition kündigte eine neue Asylpolitik der Menschlichkeit und Standhaftigkeit" an.
Die tschechische Fluggesellschaft CSA erregte Mitte Oktober Aufsehen, als via Internet bekannt wurde, dass die CSA dunkelhäutige Fluggäste mit dem Ziel Großbritannien auf den Passagierlisten mit einem G" für Gypsy" kennzeichnete. Nachdem diese Praxis an die Öffentlichkeit gelangte, sah sich die CSA gezwungen, die Markierungen zu unterlassen. Vertreter der Fluggesellschaft betonten, dass die Markierung lediglich für interne Zwecke" verwendet wurde und keinesfalls der Übermittlung an britische Einwanderungsbehörden diente. Die britische Regierung drohte ihrerseits bereits mit einer Einführung der Visumpflicht für alle Bürger der Tschechischen Republik, falls die Situation weiter außer Kontrolle gerate. Im Juli 1999 beschlossen bereits die Regierungen Norwegens und Finnlands die Einführung einer befristeten allgemeinen Visumpflicht für Staatsbürger der Slowakischen Republik, nachdem mehrere Hundert slowakische Roma nach ihrer Einreise in diesen Staaten Asyl beantragten (vgl. MuB 6/99). sta