Ein Gespräch mit Hamze Bytyci, Aktivist und Mitgründer des Bundes Roma Verbandes, Zvonko Salijevic, Roma-Schulmediator bei der RAA Berlin und Christoph Leucht, Projektberater und Rommediatoren-Trainer beim Europarat, über die Situation der Sinti und Roma in Deutschland, die nachhaltige Wirkung von kulturellen Stereotypen, Missstände und erfolgreiche Integrationsansätze sowie die Perspektiven eines toleranten Miteinanders.
Wenn über die Situation der Roma in Deutschland und Europa gesprochen wird, ist oft unklar, wer gemeint ist. Mal spricht man von Roma, mal von Sinti und Roma. Medien sprechen zunehmend von „Armutszuwandern“, um die ethnische Zuschreibung zu vermeiden und pejorativ taucht auch immer wieder der Begriff der „Zigeuner“ auf. Woran liegt das? Gibt es eine richtige Bezeichnung?
Christoph Leucht: Die Bezeichnung Zigeuner entspricht einer Art Antibürger und wurde Ende des 18. Jahrhunderts noch einmal stark modernisiert und in die beginnende „nationale“ Identitätsbildung integriert. Mit dem Zigeunerbegriff sollten alle zur Einhaltung der Normen angehalten werden, unabhängig davon ob die Sinti zu der Zeit in Deutschland sesshaft waren und tatsächlich arbeiteten oder nicht. Wer nicht arbeitete, weil ihm etwa die Arbeitsbedingungen zu prekär waren, der war wie ein Zigeuner und damit ein vom Ausschluss bedrohter Antibürger. Zigeuner ist heute vor allem wegen der NS-Vernichtung eine zusätzlich belastete Bezeichnung, so dass man auf andere Bezeichnungen ausweicht. Die von den Medien eingeführte Bezeichnung „Armutszuwanderer“ wiederum ist falsch, weil die Zahlen das nicht belegen. Die Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien sind im Durchschnitt nicht ärmer oder schlechter qualifiziert als alle anderen Immigranten. Es kommen auch von dort vor allem die gut qualifizierten, durchschnittlich jüngeren Menschen. Das bildet dieser Begriff nicht ab.
Hamze Bytyci: Es gibt diese richtige und falsche Bezeichnung ohnehin nicht. Bevor die Vertreter der Roma-Bewegung in den 1970er Jahren gesagt haben, dass Zigeuner eine Fremdbezeichnung ist, gab es das Problem so nicht. Sehen wir mal vom Missbrauch in der Zeit des Nationalsozialismus ab, galt die Bezeichnung Zigeuner vorher meinem Wissen nach nicht als Beleidigung. Zigeuner war die Bezeichnung für den Antibürger, der so klassifizierbar war. Heute darf man das Wort nicht mehr verwenden, weil es, wenn es gebraucht wird, meist stigmatisierend verwendet wird. Und das Stereotyp, das damit einhergeht und auch immer wieder herangezogen wird, um ein einmal festgesetztes Bild zu bestätigen, ist der entscheidende Punkt. Wir selbst haben kein Problem, wenn man Zigeuner einfach nur als Titulierung und nicht stereotypisch stigmatisierend verwendet. Wir werden in allen möglichen Varianten bezeichnet: Rotationseuropäer, mobile Minderheit oder Neue Roma.
Christoph Leucht: In einer Bildungsstudie haben die Kollegen vom Romnokher aus Mannheim gefragt, ob die befragten Sinti selbst ein Problem mit der Bezeichnung Zigeuner haben. Die überwiegende Mehrheit der Befragten gab an, dass sie so nicht bezeichnet werden möchten und ein Drittel sagte, dass das auf den Kontext ankommt, in dem der Begriff verwendet wird. Nur wenige sagten, dass es ihnen völlig egal sei, wie sie bezeichnet werden.
Zvonko Salijevic: Für mich ist entscheidend, was derjenige, der mich als Zigeuner oder Rom oder wie auch immer bezeichnet, damit meint. Was will er damit sagen, indem er mich so oder anders bezeichnet? Es ist doch ein Unterschied, ob jemand damit diskreditieren oder einfach nur eine andere Person in ihrer Identität benennen will.
Was heißt das für die zur Überwindung des „Zigeunerstereotyps“ notwendige gesellschaftliche Debatte?
Christoph Leucht: Ich glaube, dass die Frage, nach der Bezeichnung ein guter Einstieg ist, um darüber zu reden, was man wissen will. Sprachverbote wie „Das darf man nicht mehr sagen!“ bringen uns nicht weiter. Das langfristige Ziel wäre, dass wir uns vom Bild des Antibürgers verabschieden und uns als Gesellschaft von ganz verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Lebensvorstellungen verstehen, die alle ihren Platz haben und versuchen, gut zusammenzuleben.
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Christoph Leucht
Gibt es Schätzungen zur Zahl der in Deutschland lebenden Sinti und Roma?
Hamze Bytyci: Wenn man die braucht, gibt es auch die. Wissenschaftler, Soziologen und politisch Aktive spielen gern mit statistischen Daten. Der Zentralrat nennt seit Jahren die Zahl 70.000, was für seine Ziele nicht verkehrt ist. Das ist nicht zu viel und nicht zu wenig, weder für den Minderheitenstatus noch für die Bewilligung eines Antrags. Zugleich nennt niemand als statistischen Wert eine Zahl wie 500.000, das wären für manche Medien wahrscheinlich schon wieder bedrohlich viele. Wie gesagt, man passt die Zahlen gern an den Zweck an, für den sie ermittelt werden.
Christoph Leucht: Jede Zahl hat ihre eigene Bedeutung. Aber man sollte bei ihrer Bewertung darauf achten, wer fragt. Wenn ich schätzen sollte, wie viele Menschen in Deutschland sich heute selbst als Sinti und Roma bezeichnen würden, dann würde ich sagen: etwa 120.000 deutsche Sinti und Roma als Angehörige der anerkannten Minderheit, ungefähr 50.000-70.000 Roma, die im Rahmen der Anwerbeabkommen in den 50ern, 60ern und 70ern eingewandert sind und etwa 100.000 ausländische Roma, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs als Flüchtlinge und in den letzten Jahren als EU-Bürger gekommen sind. Also insgesamt so zwischen 250.000 bis 300.000 Menschen.
Man unterscheidet die in Deutschland lebenden Sinti und Roma in mehrere Gruppen. Welche genau sind das und zu welchem Zweck erfolgt das?
Christoph Leucht: Für die etwa 120.000 Sinti und Roma, die der anerkannten Minderheit angehören, sind die Landesverbände und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als Minderheitenvertretungen zuständig. Für sie gelten das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats und der damit einhergehende Schutz. Anspruch auf diesen Schutz haben nur diejenigen, die sich mit Zustimmung der Landesverbände und des Zentralrats als Angehörige der Minderheit bezeichnen dürfen. Das sind in der Regel diejenigen, deren Familien bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gelebt haben. Dann gibt es diejenigen Roma, die nicht der anerkannten Minderheit angehören, weil sie oder ihre Vorfahren ebenso wie viele andere (seit dem Zweiten Weltkrieg) eingewandert sind. Viele von ihnen sind mittlerweile deutsche Staatsangehörige und werden von den Behörden als Deutsche mit Migrationshintergrund behandelt. Und schließlich gibt es die Gruppe der ausländischen Roma. Zu dieser zählen all jene, die nach dem Zweiten Weltkrieg gekommen sind und (noch) keinen deutschen Pass haben. Politisch und auch rechtlich macht es allerdings einen großen Unterschied, ob die Familien eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis haben oder aber als Geduldete in Deutschland leben. Letztere haben nicht nur einen stark eingeschränkten Zugang zu Arbeit und Bildung, sondern sind teilweise permanent von Abschiebung bedroht. Besonders häufig betrifft dieses anstrengende Schicksal im Moment die Roma, die als Kriegsflüchtlinge aus dem Kosovo kamen, hier mittlerweile integriert leben und die die Bundesregierung trotzdem abgeschieben will.
Wie hat sich die Interessensvertretung der Roma in Deutschland entwickelt?
Hamze Bytyci: Der Anfang der Interessensvertretung liegt in der Anerkennung der Roma als NS-Verfolgte durch die Gesellschaft für bedrohte Völker. Dann entstand der Zentralrat, der sich dem Thema der Minderheitenrechte angenommen hat und die gesamte NS-Aufarbeitungsarbeit übernommen hat.
Wer macht sich für die Roma stark, die nicht zur Minderheit gehören, also vor allem für die ausländischen Roma mit ihren vielfältigen Problemlagen, wie Aufenthaltsstatus, Zugang zum Arbeitsmarkt u.v.m.?
Christoph Leucht: Minderheitenschutz und Integrationspolitik sind zwei nahezu konträre Politikansätze. Minderheitenpolitik setzt sich für besondere Rechte und geschützte Räume von Minderheiten ein, die jeweils nur Minderheiten offen stehen. Integrationspolitik, ein Ansatz den die ausländischen Roma verfolgen, ist genau das Gegenteil. Hier geht es um Maßnahmen, um die bereits allen offen stehenden Rechte und Räume auch für Neuankömmlinge zu öffnen. Dies bekommt man politisch innerhalb einer Vertretung schwer unter einen Hut. Was es daher bräuchte, wäre eine Organisation, die bundesweit als eine Art Sprachrohr und Vertretung für zugewanderte Roma anerkannt würde. Eine solche Interessensvertretung gibt es bislang nicht.
Welche Rolle spielt der Bundes Roma Verband neben dem Zentralrat?
Hamze Bytyci: Für mich und viele andere war immer klar, dass wir gar nicht segregativ mit unserer Identität umgehen wollten. Wir haben in Freiburg begonnen, Kulturprojekte mit Roma-Flüchtlingen zu machen, und daraus entstand dann einer der ersten Jugendvereine für Roma und Nicht-Roma, der inzwischen zu einer bundesweiten Jugend-Organisation gewachsen ist. Es brauchte aber auch etwas für Erwachsene, so dass wir den Bundes Roma Verband gegründet haben. Aber wir haben keinen Vertretungsanspruch. Wir versuchen, die Integration derer, die dazugehören wollen, zu erleichtern und ihre Situation zu verbessern. Wir kümmern uns ehrenamtlich um Fragen zu Aufenthalt, Gesundheit, Wohnen, Arbeit usw. Dabei liegen uns auch die in Deutschland geborenen Kinder der geduldeten ausländischen Roma am Herzen, denen permanent die Abschiebung droht.
Zvonko Salijevic: Die Bedürfnisse der Roma in Deutschland sind sehr verschieden. Als wir 1998 aus Serbien nach Deutschland gekommen sind, hatten wir Probleme mit unseren Aufenthaltstiteln. Die Roma aus Polen oder der Tschechischen Republik haben diese Sorgen als EU-Bürger nicht, sie genießen im Grunde die gleichen Rechte wie die Deutschen. Wir aber waren nur geduldet, konnten uns keine Arbeit suchen. Bei der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie in Berlin fanden wir dann diejenigen, die uns helfen konnten.
Warum gibt es in Deutschland keine Nationale Strategie der Roma-Integration?
Hamze Bytyci: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen liegt es daran, dass die Verbände, die die deutschen Sinti und Roma vertreten, von Anfang an gesagt haben, dass sie eine solche Strategie nicht für notwendig halten. Zwar haben sie zahlreiche Wünsche formuliert, aber eine Strategie abgelehnt. Zum anderen aber fehlt eine Strategie, weil die Migranten-Roma nicht organisiert sind und daher der Absage der Strategie nichts entgegensetzen können. So bleibt die Ablehnung einer Strategie bestehen und die Bundesregierung hat sich dankbar auf diese Positionierung zurückgezogen.
Warum gibt es in Deutschland kein selbstorganisiertes Gremium der einzelnen Roma-Gruppen?
Hamze Bytyci: Das wäre eine Aufgabe, der der Zentralrat nachkommen müsste, aber der hat kein Interesse daran. Und wir Roma, die wir nicht zur anerkannten Minderheit gehören, bekommen das auch nicht hin. Alles hat seine Geschichte, jeder ist sein eigener König. Und niemand ist in der Lage, da zu vermitteln.
Diskutiert werden auch immer wieder explizite Hilfsprogramme oder Aktionspläne für Roma. Während die Befürworter dieser Maßnahmen deren gesellschaftliche Notwendigkeit verteidigen, sprechen die Gegner von einer zusätzlichen Diskriminierung. Was halten Sie von solchen Plänen, wie ihn etwa der Berliner Senat in diesem Sommer verabschiedet hat?
Hamze Bytyci: Dieser Plan ist ein großer Fortschritt. Es geht genau um das, was wir machen: um Roma-Selbstorganisation. Den Aktionsplan hätte auch einer von uns Roma-Aktivisten geschrieben haben können.
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Hamze Bytyci
Welche Elemente würde eine sinnvolle Roma-Strategie aufweisen?
Christoph Leucht: Der Berliner Aktionsplan bietet mit den vier Bereichen Wohnen, Gesundheit, Arbeit und Bildung eine gute Schablone. Das sind die zentralen Fragen der Roma-Integration. Dabei spielt auch eine große Rolle, dass der Ansatz nicht darin besteht, zu klären, wie man „die“ wieder loswird, sondern wie man die Probleme hier in Berlin lösen kann. Erfreulich fand ich auch, dass das ganze Themenfeld des Antiziganismus nicht verschwiegen wurde. Gewundert hat mich allerdings, dass in den Ausführungen zum Bildungsbereich das erfolgreiche Modell der Schulmediatoren nicht prominent ausgestellt wird.
Hamze Bytyci: Ich fände ein Mentoringprogramm oder eine Art Runden Tisch sinnvoll, damit all jene zusammenführt werden, die bereits im Integrationsbereich aktiv sind. Da sollten dann auch Nicht-Roma-Organisationen hinzukommen, wie die Deutsch-Türkische Gemeinde, die schon vor den gleichen Herausforderungen standen. Außerdem halte ich es für notwendig, dass die zehn EU-Prinzipien der Roma-Integration noch einmal heruntergebrochen werden und man fragt, was diese für Folgen für die konkrete Integrationsarbeit haben.
Sind die größten Hürden einer erfolgreichen Integration von Roma in die deutsche und europäische Gesellschaft nicht eher auf Seiten der Aufnahmegesellschaften zu suchen? Eine Studie der EU-Grundrechteagentur zur Diskriminierung von Minderheiten legt dies nahe.
Christoph Leucht: Die Aufnahmegesellschaft hat insgesamt ein Problem mit Diversität und das betrifft sozial Schwache ebenso wie Menschen aus anderen Kulturen oder mit abweichenden sexuellen Neigungen. Aufgrund des Zigeunerstereotyps sind Roma prädestiniert, als Diversitätsproblem wahrgenommen zu werden. So machen Schulen ein großes Problem daraus, wenn Mädchen aus manchen Romafamilien früher heiraten, aber sehen es als überhaupt nicht problematisch an, dass kaum Gymnasialempfehlungen für Roma-Schüler erteilt werden.
Hamze Bytyci: Die Problemperspektive ist meist auf die kulturellen Unterschiede gerichtet, auch deswegen, weil es für die Beteiligten einfacher ist. Gerade vor dem Hintergrund des Inklusionsansatzes ist es leichter, bestimmte Probleme von Anfang an aus dem eigenen Umfeld herauszuhalten. Es hat viele Schulen jahrelang gar nicht interessiert, dass viele Roma-Kinder nicht zur Schule gegangen sind.
Haben die Europäischen Roma-Gipfel, die seit 2008 regelmäßig veranstaltet wurden, Ihrer Ansicht nach einen positiven Aspekt gehabt? Hat sich an der vorher attestierten "anhaltenden Diskriminierung auf persönlicher und institutioneller Ebene" und der "weitreichenden sozialen Ausgrenzung" von Roma in Europa etwas geändert?
Hamze Bytyci: Ich weiß nicht, was die Europäischen Roma-Gipfel tatsächlich gebracht haben. Es wurden zwar viele Papiere angefertigt und Vorschläge gemacht, aber bei den Betroffenen ist davon kaum etwas angekommen. Das Problem des Antiziganismus ist nicht beseitigt worden. Vielmehr ist es durch den EU-Fokus in Ländern wie Frankreich und Italien erst wirklich zu einem Problem geworden.
Christoph Leucht: Ich sehe das nicht so skeptisch. Der Roma-Gipfel 2008 war aus meiner Perspektive ein Meilenstein und ein Ausgangspunkt für den Versuch, andere Rahmenbedingungen zu schaffen. Dass die soziale Situation der Roma seither teilweise noch dramatischer geworden ist, liegt auch an der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung. Das Thema der sozialen Situation der Roma ist Dank der Roma-Gipfel viel präsenter und es herrscht eine viel größere Sensibilität für das Thema. Im politischen und administrativen Bereich, aber auch im konkreten Alltag – die Schulen, die Lehrer, die Vereine – schauen ganz anders auf das Thema. Perspektivisch glaube ich, werden wir in 10 bis 20 Jahren auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken. Die Grundschulen beispielsweise, die mit den Roma-Mediatoren zusammenarbeiten, sagen, dass sie das Problem gelöst haben. Roma-Familien sind keine signifikante Problemgruppe mehr.
Zvonko Salijevic: Meine Erfahrung als RAA-Schulmediator bestätigt das. Über 90 Prozent der Roma-Kinder sind regelmäßiger in der Schule. Wenn ein Kind früher nicht kam, gab es maximal eine Schulversäumnisanzeige, aber warum ein Roma-Kind nicht kommt, hat niemanden interessiert. Aber jetzt ist eine viel größere Aufmerksamkeit da. Die Schule sucht den Kontakt zu den Eltern, wir vermitteln zwischen Eltern und Schule, die Eltern sehen die Bedeutung der Schule für ihre Kinder und alle arbeiten gemeinsam daran, Hürden abzubauen.
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Zvonko Salijevic
Wenn Sie alle einen Wunsch für die Zukunft äußern könnten, worin bestünde der?
Christoph Leucht: Ich würde mir wünschen, dass die Bereiche, in denen eine Verbesserung der Situation der Sinti und Roma notwendig ist, so stereotypenfrei wie möglich angeschaut werden, um den verinnerlichten Antiziganismus im System zu beseitigen.
Hamze Bytyci: Ich wünsche mir eine Zukunft für die Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, für die Kinder und Jugendlichen. Denn ich glaube, dass ein sicherer Aufenthaltsstatus eine ganze Menge für den Einzelnen ausmacht. Vielleicht hilft da eine Stichtags- oder Kontingentregelung. Und ich würde mir wünschen, dass mit Lehrern stärker daran gearbeitet wird, ein anderes Selbstverständnis im Umgang mit anderen Kulturen, mit Diversität zu entwickeln. Aber im Bildungsbereich sind wir grundsätzlich auf einem guten Weg.
Zvonko Salijevic: Mein Wunsch besteht darin, dass unsere Gesellschaft mehr Geduld und Toleranz im Umgang miteinander entwickelt. Das würde das Zusammenleben sicherlich einfacher und konfliktfreier machen.
Interview und Fotos von Thomas Hummitzsch.
Die Langfassung ist von den Interviewten am 14.8.2013 noch einmal aktualisiert worden. Dies betrifft insbesondere die Angaben zu den Schätzungen des Umfangs der einzelnen Roma-Gruppen.
Sinti und Roma in Deutschland
- Deutsche Sinti und Roma (bereits seit dem 14./15. Jahrhundert in Deutschland lebende, anerkannte Minderheit; organisiert im Zentralrat)
- Im Rahmen der Anwerbeabkommen der 1950er und 1960er Jahre eingewanderte Roma und deren Nachkommen, die eingebürgert sind oder unbefristetes Aufenthaltsrecht haben
- Als Flüchtlinge und EU27-Bürger eingewanderte Roma aus Ost- und Südosteuropa