Mexiko/USA: Mexikos neuer Präsident will offene Grenzen zu den USA

27. September 2000

Der Wahlsieger der mexikanischen Präsidentschaftswahlen vom 2. Juli 2000, Vicente Fox Quesada (PAN), machte sich auf einer Nordamerika-Reise Ende August für eine stärkere Integration der NAFTA-Staaten Kanada, Mexiko und den USA stark. Ihm ging es dabei auch um den freien Personenverkehr nach dem Vorbild der EU. Dem Vorstoß wurde jedoch sowohl von US-amerikanischer als auch von kanadischer Seite mit Skepsis begegnet.

Die kanadische und US-amerikanische Presse schenkten dem mexikanischen Besucher große Aufmerksamkeit, da es dem Konservativen von der Nationalen Aktion (PAN) als erstem Oppositionskandidat gelungen war, die 71-jährige Einparteien-Herrschaft der Staatspartei PRI (Partei der Institutionalisierten Revolution) zu beenden. Bei den Wahlen vom 2. Juli 2000 erreichte Fox 43,4% der gültigen Stimmen und lag damit 6,5 Prozentpunkte vor dem Kandidaten der PRI, Francisco Labastida (36,9%). Der Kandidat des linksoppositionellen Bündnisses Alianza por México, Cuauthémoc Cárdenas, landete bei seiner dritten Präsidentschaftskandidatur mit nur 17% auf dem dritten Platz.

Bereits während seiner Wahlkampagne sprach Fox vor Vertretern der mexikanischen Community in den USA von seinem Projekt einer Grenzöffnung. In einem Gespräch mit dem kanadischen Premierminister Jean Chrétien (Liberale) schlug Fox eine enge Kooperation zwischen den drei Mitgliedstaaten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) nach dem Vorbild der Europäischen Union (EU) vor. Im Gegensatz zur NAFTA verfügt die EU über Ausgleichsfonds, mit denen die Entwicklung der ärmeren Regionen der Gemeinschaft gefördert wird. Chrétien steht dem Vorschlang reserviert gegenüber. Er verwies auf die großen ökonomischen Disparitäten zwischen den drei NAFTA-Staaten.

Auch bei den Zusammenkünften mit US-Präsident Bill Clinton (Demokraten) und den beiden US-Präsidentschaftskandidaten, Vizepräsident Al Gore (Demokraten) und Gouverneur George W. Bush (Republikaner), stellte Fox die Zukunft der NAFTA sowie des Personenverkehrs zwischen Mexiko und den USA in den Mittelpunkt seiner Gespräche. Eine engere Kooperation zwischen den drei Staaten würde die ökonomische Entwicklung Mexikos begünstigen und in mittel- bis langfristiger Perspektive die Migration von Mexikanern in die USA erheblich reduzieren. In einem Zeitraum von 10 bis 15 Jahren, so Fox, könnte die Grenze für Mexikaner geöffnet werden, da dann kein Interesse mehr an permanenter Auswanderung bestünde.

Beobachter gehen davon aus, dass nach dem Amtsantritt von Fox am 1. Dezember und des dann neu gewählten US-Präsidenten Verhandlungen über ein neues Gastarbeiter-Programm sowie möglicherweise auch über höhere Einwanderungskontingente für mexikanische Staatsbürger geführt werden. Im Gegenzug könnte die neue mexikanische Regierung Zugeständnisse hinsichtlich des Zugangs zu den besonders geschützten mexikanischen ölvorkommen anbieten oder aber Maßnahmen zur Reduzierung der Migration gen Norden, wie z.B. Preiserhöhungen für Fahrten an die US-Grenze, ergreifen. Letzteres wurde bisher von mexikanischer Seite stets energisch unter Hinweis auf die Reisefreiheit mexikanischer Bürger abgelehnt.

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