EU: Einigung über Familienzusammenführung

30. März 2003

Die Innenminister der Europäischen Union einigten sich Ende Februar auf eine gemeinsame Regelung der Familienzusammenführung für Nicht-EU-Ausländer (vgl. MuB 7/00). Es handelt sich dabei um die erste Richtlinie der Europäischen Union zur Steuerung legaler Einwanderung. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erklärte, Deutschland habe sich bei wesentlichen Punkten durchsetzen können. Er verwies dabei insbesondere auf die Altersbegrenzung für nachziehende Kinder. Die Richtlinie muss innerhalb der nächsten zwei Jahre in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Einigung der EU-Innenminister erfolgte nach dreijährigen Verhandlungen. Die Richtlinie legt die Bedingungen fest, unter denen Familienmitglieder eines Nicht-EU-Ausländers in die Europäische Union einreisen und sich dort aufhalten dürfen. Dabei muss sich dieser Nicht-EU-Ausländer rechtmäßig im Gebiet des Mitgliedstaates aufhalten und eine begründete Aussicht darauf haben, ein ständiges Aufenthaltsrecht zu erlangen.

Familienangehörige im Sinne des Richtlinien-Entwurfs sind in erster Linie Ehepartner und minderjährige Kinder. Letztere sind Kinder, die noch nicht das im jeweiligen Staat geltende Volljährigkeitsalter erreicht haben. Die Mitgliedstaaten können allerdings in Bezug auf das Nachzugsalter mehrere Ausnahmeregelungen geltend machen. So ist es ihnen möglich, das Nachzugsalter auf 15 Jahre zu begrenzen, wenn ihre nationale Regelung dies zum Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie bereits vorsieht.

Eine weitere Ausnahmeregelung wurde vor allem auf Drängen Deutschlands aufgenommen. Der Entwurf erlaubt es, das maximale Nachzugsalter für Minderjährige unter Umständen auf 12 Jahre zu begrenzen. Die Mitgliedstaaten dürfen vor Gewährung der Einreise eines über 12jährigen Kindes prüfen, ob das Kind ein in den „innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates vorgesehenes Integrationskriterium erfüllt". Wenn ein älteres Kind dieses Integrationskriterium - zum Beispiel Kenntnisse der Landessprache - nicht erfüllt, so kann ihm der dauerhafte Aufenthalt versagt werden. Diese abweichende Regelung wurde vor allem auf Drängen Deutschlands aufgenommen. Der gescheiterte Entwurf des Zuwanderungsgesetzes sah ebenfalls eine Begrenzung des Nachzugsalters auf 12 Jahre vor.

Somit ermöglichen die Ausnahmeregelungen es den Mitgliedstaaten, im Bereich des Nachzugsalters von Minderjährigen auch weiterhin abweichende Regelungen zu erlassen. Dabei dürfen sie allerdings ein Nachzugsalter von 12 Jahren künftig nicht unterschreiten.

Ferner ist es den Mitgliedstaaten frei gestellt, auch die Einwanderung anderer Familienangehöriger nach ihren innerstaatlichen Vorschriften zu regeln. Eine der zahlreichen im Richtlinien-Entwurf enthaltenen „Kann-Vorschriften" (im Gegensatz zu zwingenden Vorgaben) betrifft die Einwanderung der Eltern des aufenthaltsberechtigten Nicht-EU-Ausländers bzw. die Eltern des nachziehenden Ehepartners. Den Eltern kann die Einreise und der Aufenthalt gestattet werden, wenn der Zusammenführende oder sein Ehepartner für den Unterhalt der Eltern aufkommt und letztere keinerlei sonstige familiäre Bindungen im Herkunftsland haben. Auch die volljährigen, unverheirateten Kinder von aufenthaltsberechtigten Nicht-EU-Ausländern und ihre nachziehenden Ehepartner können einwandern, wenn sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht selbstständig für ihren Lebensunterhalt sorgen können.

Ferner sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten „zur Förderung der Integration und zur Vermeidung von Zwangsehen" ein Mindestalter für den Zusammenführenden und dessen nachziehenden Ehepartner festlegen können. Dieses Mindestalter darf allerdings nicht höher als 21 Jahre liegen. Außerdem obliegt es den Mitgliedstaaten, unverheiratete Paare im Bereich der Familienzusammenführung genau so zu behandeln wie Verheiratete.

Der EU-Kommissar für Justiz und Inneres, António Vitorino, begrüßte die Einigung. Er kritisierte jedoch, dass der ursprüngliche Richtlinien-Entwurf „verwässert" wurde, etwa hinsichtlich des Familienbegriffs. Ursprünglich sollte die Richtlinie auch den Zugang von nachziehenden Familienangehörigen zum Arbeitsmarkt regeln. Dieser Bereich bleibt nun weiterhin eine nationale Domäne. vö

Folgende Website bietet einen umfassenden Überblick über den Entscheidungsprozess und die nun beschlossenen Inhalte der Vereinbarung:
http://europa.eu.int/prelex/detail_dossier_real.cfm?CL=de&DosId=152741

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