Japan ist eines der westlichen Industrieländer, deren Bevölkerungsstruktur durch einen niedrigen Ausländeranteil gekennzeichnet ist. Ein wesentlicher Grund dafür ist eine allgemein verbreitete Überfremdungsangst. Dementsprechend verfügt Japan über eine strenge Zuwanderungskontrolle, mit der die Einreise von (unqualifizierten) Arbeitsmigranten möglichst verhindert werden soll.
Einwanderungspolitik: Die Einreisemöglichkeiten für Ausländer wurden bis 1990 auf wenige zweckbestimmte Bereiche wie Familienzusammenführung, Kurzbesuche (Tourismus, Geschäfts- bzw. Verwandtenbesuch), Studium oder Schulausbildung, Ausübung akademischer bzw. künstlerischer Aktivitäten oder andere, in jedem Fall aber genau definierte, Beschäftigungen beschränkt. Auch während des starken Wirtschaftswachstums der 50er und 60er Jahre warb Japan keine ausländische Gastarbeiter zur Behebung des Arbeitskräftemangels an, sondern konnte auf das Arbeitskräftepotential von Japanern aus ländlichen Regionen zurückgreifen. Der Ausländeranteil lag deshalb bis Mitte der 80er Jahre fast unverändert bei rund 0,7% (ca. 800.000 Personen) bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 110-120 Mio.
Aktuelle Trends: In den vergangenen zwei Jahrzehnten nahm die Zahl der Ausländer jedoch stetig zu und erreichte im Jahr 2001 eine Rekordhöhe. Nach Angaben des japanischen Amtes zur Einreisekontrolle lebten Ende 2001 über 1,7 Mio. Ausländer in Japan. Dies entspricht rund 1,4% der Gesamtbevölkerung. Die größte Gruppe bilden mit rund 632.000 Personen bzw. 35,6% der gesamten ausländischen Wohnbevölkerung die Koreaner (Süd- u. Nord-Korea). Es folgen Chinesen (rund 380.000: 21,4%), Brasilianer (ca 266.000: 15%) , Filipinos (ca. 157.000: 8%) und Peruaner (50.000: 2,8%).
Die ausländische Bevölkerung Japans lässt sich in zwei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe umfasst Migranten und deren Nachkommen, die sich im Zuge der japanischen Kolonisationspolitik (1910-45) als Zwangsarbeiter in Japan ansiedeln mussten. Dabei handelt es sich vor allem um Koreaner und zum Teil auch Chinesen (Taiwanesen). Diese Gruppe bildete bis Ende der 80er Jahre die Mehrheit der Ausländer in Japan. Im Jahr 2001 betrug ihr Anteil 28,2% der ausländischen Wohnbevölkerung (500.782 Personen).
Die zweite seit zwei Jahrzehnten stetig wachsende Gruppe sind Personen, die zum Zweck eines Studiums (inkl. Sprachschule) oder eines Praktikums bei japanischen Betrieben nach Japan kommen, wobei eine begrenzte Beschäftigung erlaubt ist. Im Vordergrund dieser Praktika steht oftmals jedoch nicht die Ausbildung, sondern die Möglichkeit zur geringfügigen Beschäftigung. Ein großer Teil der in jüngerer Zeit nach Japan gekommenen Koreaner und Chinesen ließen sich als Praktikanten einstellen. Die Mehrzahl der Filipinos sind dagegen offiziell als Künstler registriert, dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Tänzer und Tänzerinnen.
Besonderheit: Eine japanische Besonderheit ist der Rechtsstatus der brasilianischen und peruanischen Migranten. Dieser Personenkreis wird inoffiziell als „Nikkei" (zu Deutsch: Personen mit japanischer Abstammung) bezeichnet, da sie als Nachkommen der japanischen Auswanderer gelten, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aus wirtschaftlicher Not in diese lateinamerikanischen Länder auswanderten. Sie erhielten aufgrund ihrer „verwandtschaftlichen Beziehung zu Japan" anfänglich eine unbefristete Besuchserlaubnis bei ihren Verwandten sowie eine Arbeitsgenehmigung. Seit der Reform des Einreisekontrollgesetzes, die 1990 in Kraft trat, gewährt ihnen die japanische Regierung eine Daueraufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Die Zahl der „Nikkei" steigt seit Mitte der 80er Jahre ebenfalls.
Der Zuzug dieser neuen Immigrantengruppen, insbesondere der „Nikkei", spiegelt eine sehr pragmatische Umsetzung der Zuwanderungspolitik wider. Offiziell gilt weiterhin strenge Zuwanderungskontrolle, aber inzwischen wird die Einreise billiger Arbeitskräfte auf mehreren Wegen ermöglicht und sogar gefördert. Dies hängt mit der seit Mitte der 80er Jahre zunehmenden Nachfrage nach Arbeitskräften zusammen.
Flucht und Asyl: Immer noch restriktiv bleibt dagegen die Anerkennungspraxis von Asylsuchenden. Japan ratifizierte zwar 1982 die Genfer Flüchtlingskonvention und nahm daraufhin Anfang der 80er Jahre mehr als 10.000 vietnamesische Bootsflüchtlinge auf. Aber in den letzten 20 Jahren wurden insgesamt nur 350 von rund 2.800 Asylgesuchen anerkannt. Das entspricht 12,5%. 2002 betrug die Anerkennungsquote 5,6%, 14 von 250 Asylanträgen wurden bewilligt.
Die Mehrzahl (rund 55%) der Asylsuchenden stammt aus der Türkei, Myanmar, Pakistan und China. Allerdings gelingt es vielen Asylsuchenden nicht, überhaupt einen Antrag in Japan zu stellen. Erfolgt die Antragstellung nach mehr als 60 Tagen nach der Einreise, ist der Anspruch auf ein Asylgesuch gänzlich verwirkt. In diesem Fall gelten Asylsuchende als illegale Einwanderer. Sowohl innerhalb Japans als auch international wird diese Praxis kritisiert. Angesichts der Kritik wird zur Zeit in Japan eine Reform der Asylpolitik diskutiert.
Staatsangehörigkeit: Das japanische Staatsangehörigkeitsgesetz basiert auf dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis). Für den Erwerb der japanischen Staatsbürgerschaft gelten eine Reihe von Voraussetzungen, von denen vor allem das vage Kriterium „einwandfreies Verhalten" umstritten ist, da es viel Interpretationsspielraum lässt. Die Einbürgerungszahlen stiegen seit Anfang der 90er Jahre von jährlich rund 10.000 Einbürgerungen auf rund 14.000 im Jahr 2002.
Ausblick: Japan versteht sich nicht als Einwanderungsland und legt hohen Wert auf seine ethnische Homogenität. Offiziell wird die japanische Zuwanderungspolitik in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter auf ihrem Kurs der rigiden Zuwanderungskontrolle bleiben. In der Öffentlichkeit, vor allem von Seiten der Wirtschaft, werden jedoch die Stimmen für eine gesteuerte Öffnung des japanischen Arbeitsmarktes immer lauter. Begründet werden diese Forderungen vor allem mit dem trotz der anhaltenden Wirtschaftskrise in Japan herrschenden Arbeitskräftemangel im Bereich der Informationstechnologie sowie im Pflegebereich. Im Hinblick auf pflegerische Tätigkeiten wird die voranschreitende Bevölkerungsalterung als Argument angeführt.
Trotz der offiziellen Haltung zur Einwanderung sind auf kommunaler Ebene bereits viele Initiativen für die Integration und das Zusammenleben mit der ausländischen Bevölkerung ergriffen worden. Kaoru Iriyama, Humboldt-Universität Berlin
Weitere Informationen unter:
www.kisc.meiji.ac.jp/~yamawaki/gmj/
(in Englisch)
www.migrationinformation.org/Profiles/display.cfm?ID=39