USA: Streit um Umgang mit kubanischen Bootsflüchtlingen

23. September 2003

Die Abschiebung von 12 Kubanern Ende Juli führte in den USA zu einer Kontroverse über den Umgang mit Bootsflüchtlingen. Aufgrund der wichtigen Rolle der Wähler kubanischer Herkunft bei den Präsidentschaftswahlen 2004 kam es zu einer Politisierung der Flüchtlingsproblematik.

Nach einem 1994 zwischen der Clinton- und der Castro-Regierung geschlossen Abkommen werden alle Kubaner, die auf dem Meer abgefangen werden, zurück nach Kuba geschickt. Dies gilt auch, wenn der Aufgriff unmittelbar vor der US-amerikanischen Küste erfolgt. Flüchtlinge, die das Festland erreichen, erhalten hingegen Asyl. Diese Regelung wird als so genannte „wet foot/dry foot“-Politik bezeichnet.

In Ausnahmefällen werden so genannte „boat people“, die als besonders politisch gefährdet gelten, nicht zurückgeführt. Stattdessen werden sie zunächst auf den US-Marinestützpunkt in Guantánamo (Kuba) gebracht, bis ein Drittland gefunden ist, das sie aufnimmt.

Die Debatte um diese Regelung wurde erneut entfacht, nachdem Ende Juli 12 Kubaner, die ein kubanisches Vermessungsschiff samt Besatzung entführt hatten, zurückgeführt wurden, obwohl sie das amerikanische Festland erreicht hatten. Die Bush-Administration hatte mit der kubanischen Regierung ausgehandelt, dass die Flüchtlinge keine härteren Strafen als bis zu 10 Jahren Gefängnis erhalten. Nach der Übergabe an die kubanischen Behörden wurden 6 der Flüchtlinge zu Haftstrafen von 7 bis 10 Jahren verurteilt, die anderen wurden freigesprochen. Bei einem ähnlichen Fall im April wurden drei Flugzeugentführer nach ihrer Rückführung hingerichtet.

In den Sommermonaten versuchen besonders viele Kubaner eine Flucht, da das Meer zu dieser Zeit vergleichsweise ruhig ist. Bis einschließlich August dieses Jahres griff die US-Küstenwache etwas mehr als 1.000 Bootsflüchtlinge in der Straße von Florida auf. Im Vorjahr waren es 931 Personen.

Verschiedene kubanische Emigranten-Organisationen in den USA kritisierten die Abschiebung der 12 Flüchtlinge sowie die „wet foot/dry foot“-Regelung insgesamt. Vertreter der einflussreichen „Cuban American National Foundation“ (CANF) fühlten sich von der Bush-Administration betrogen, da sie deren Wahlversprechen, darunter die Neugestaltung der Flüchtlingspolitik, bisher nicht erfüllt sehen. Neben der Abschaffung diese Regelung fordern sie eine stärkere wirtschaftliche Unterstützung von Dissidenten auf Kuba und eine Anklage Fidel Castros wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Als eine Reaktion auf die Proteste schrieben 13 republikanische Abgeordnete des Parlaments von Florida einen Brief an Präsident Bush, in dem sie vor einem Verlust „der historischen und intensiven Unterstützung der Wähler kubanischer Abstammung“ warnen, wenn es keine „substantiellen Fortschritte“ bei der Umsetzung ihrer Forderungen gebe. Auch Bushs Bruder Jeb Bush (Republikaner), Gouverneur von Florida, kritisierte die Abschiebung der 12 Flüchtlinge und bezeichnete sie als „einfach nicht richtig“.

Vertreter der Demokraten kritisierten die Abschiebung bzw. die Regelung ebenfalls. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Lieberman beanstandete besonders das Aushandeln der Strafen mit der kubanischen Regierung: „Das die US-Regierung Strafen für diese Leute mit einem Unterdrückungsregime aushandelt, das keine fairen Gerichtsverfahren kennt, ist einfach abscheulich.“

Der Beauftragte für Lateinamerika im US-Außenministerium, Roger F. Noriega, versicherte, man kümmere sich um diese Angelegenheit. Es werde aber „keine signifikante Änderung der Politik geben“. In Florida leben etwas mehr als 400.000 wahlberechtigte kubanisch-stämmige Einwanderer. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 hatten mehr als 80% von ihnen für Bush gestimmt. Die Kubaner sind die einzige Minderheit, die bisher nahezu geschlossen die Republikaner unterstützten. me

Weitere Informationen:
www.canfnet.org

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