2004 waren die Zahl der Asylanträge und der Zuzug von Spätaussiedlern erneut rückläufig. Bei der Zahl der Arbeitsmigranten wird dagegen mit einem Anstieg gerechnet.
Asyl: Der Rückgang der Asylanträge setzte sich auch im vergangenen Jahr fort (vgl. MuB 1/04). Die Zahl der Anträge sank erneut deutlich auf 35.607 Erstanträge (2003: 50.563; 30%) und 14.545 Folgeanträge (2003: 17.285; 16%). Dies entspricht dem Niveau von 1984. Seit dem Asylkompromiss von 1993 sanken die Antragszahlen kontinuierlich (siehe Grafik 1). Dieser rückläufige Trend setzte sich auch im Januar 2005 fort.
Die Anerkennungsquoten verblieben 2004 auf dem sehr niedrigen Niveau des Vorjahres: 1,5% (2003: 1,6%) der Entscheidungen führten zu einer Anerkennung als Asylberechtigte, 1,8% (2003: 1,7%) zur Gewährung von Abschiebeschutz und weitere 1,6% (2003: 1,7%) zur Feststellung eines Abschiebehindernisses. Seit Mitte der 1990er Jahre ist ein Rückgang bei den Anerkennungsquoten festzustellen.
Die Zusammensetzung der zehn Hauptherkunftsländer änderte sich 2004 im Vergleich zum Vorjahr kaum. Allerdings ging bei acht dieser Länder die Zahl der Anträge gegenüber dem Vorjahr deutlich zurück. Wie schon im Vorjahr war auch 2004 die Türkei mit 4.148 Erstanträgen das am stärksten vertretene Herkunftsland (2003: 6.301; -34,2 %.). Der Anteil der Kurden an allen türkischen Erstantragstellern lag wie in den Vorjahren bei etwa 80%. Zweitstärkstes Herkunftsland war mit 3.855 Anträgen erneut Serbien und Montenegro (2003: 4.909; 21,5%). Der Anteil der ethnischen Albaner lag bei etwa 40%, der der Roma bei etwa einem Drittel. Weiter wichtige Herkunftsländer waren 2004 die Russische Föderation mit 2.757 Anträgen (2003: 3.383; 18,5%), wovon etwa die Hälfte von Tschetschenen gestellt wurden, Vietnam mit 1.668 gestellten Anträgen (2003: 2.096; 20,4%) sowie der Iran mit 1.369 Anträgen (2003: 2.049; -33,2%).
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) interpretierte den Rückgang der Asylanträge als einen Beleg für „den Erfolg der politischen Anstrengung der Bundesregierung”. Einerseits helfe Deutschland mit großen, finanziellen Anstrengungen weltweit, Not und Bürgerkrieg vor Ort einzudämmen. Andererseits sei durch die Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes und durch die vorausgegangene intensive politische Debatte in aller Welt deutlich geworden, dass der Missbrauch des Asylrechts kein Erfolg versprechendes Mittel der Zuwanderung nach Deutschland sei, so Schily. Flüchtlingsorganisationen führten die Rückgänge der Asylanträge auf die Verschärfung des Asylrechts in den 1990er Jahren und auf die strengeren Grenzschutzmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Union zurück (vgl. MuB 9/03).
Aussiedler: Auch beim Zuzug von Aussiedlern setzte sich der kontinuierliche Rückgang der vergangenen Jahre fort (vgl. MuB 1/04). Im Jahr 2004 kamen 59.093 Spätaussiedler und deren Angehörige nach Deutschland, rund 19% weniger als 2003 (72.885 Personen). Im Vergleich zum Höhepunkt der Aussiedlerzuwanderung Mitte der 1990er Jahre (1995: 217.898 Personen) hat sich der Zuzug somit auf ein Viertel reduziert (siehe Grafik 2).
Auch 2004 kam der überwiegende Teil von ihnen aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion (99%), vor allem aus der Russischen Föderation (33.358), Kasachstan (19.828) und der Ukraine (2.299). Nur 1% kamen aus Polen oder Rumänien. Neben dem Zuzug von Spätaussiedlern sank 2004 erneut auch die Zahl der Aufnahmeanträge (2004: 34.560; 2003: 46.443; -26%). Für 2005 rechnet der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen Hans-Peter Kemper (SPD) mit einem weiteren Rückgang.
Nach Einschätzung des Aussiedlerbeauftragten kann der deutliche Rückgang der Zuzugs- und Antragszahlen vor allem damit erklärt werden, dass die Familienzusammenführung bereits zu einem erheblichen Teil abgeschlossen ist. Zudem erfüllen viele Antragsteller die sprachlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme als Spätaussiedler nicht mehr und können daher nur noch Aufnahme finden, wenn sie als Ehepartner, Kinder oder Enkel eines Spätaussiedlers in dessen Aufnahmebescheid einbezogen werden.
Die Zusammensetzung der Spätaussiedler hat sich in den letzten Jahren strukturell deutlich verändert. Während Mitte der 1990er Jahre noch 60% der Zuwanderer über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügten, waren es im Jahr 2004 nur noch rund 20%. Etwa 65% kamen 2004 als Ehepartner, Kinder, Enkel oder andere Angehörige. Sie mussten bislang vor der Einreise keine deutschen Sprachkenntnisse nachweisen. Trotz der zurückgehenden Spätaussiedlerzahlen bestehen weiterhin gravierende Probleme bei der Integration in Deutschland. Für Kemper stellen die „unzureichenden deutschen Sprachkenntnisse eine Hauptursache für die wachsenden Integrationsprobleme der Betroffenen dar.“ Durch das zu Beginn des Jahres 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz müssen von nun an auch nichtdeutsche Ehepartner und andere Angehörige von Spätaussiedlern über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen, um in Deutschland Aufnahme finden zu können.
Arbeitsmigration: Hier ist, ausgehend von den Zahlen für das erste Halbjahr 2004, ein Anstieg zu erwarten. In den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres kamen 252.470 Saisonarbeitnehmer nach Deutschland. Im Gesamtjahr 2003 waren es 318.549 Personen (2002: 307.182). Auch bei den Werkvertragsarbeitnehmern dürfte die Zahl für 2004 höher als in den Vorjahren liegen. Bereits im ersten Halbjahr 2004 wurde mit 39.410 Personen fast die Zahl für 2003 (43.874) bzw. 2002 (45.446) erreicht. Ferner wurden im 1. Halbjahr 2004 1.128 Green Cards für IT-Fachkräfte vergeben (Gesamtjahr 2003: 2.285; 2002: 2.623; 2001: 6.409).
Zahlen zur Gesamtzuwanderung für 2004 liegen noch nicht vor. Nach einem rapiden Anstieg des Migrationssaldos zu Beginn der 1990er Jahre und einem darauffolgenden deutlichen Absinken stabilisierte sich das Wanderungsgeschehen in den letzten Jahren bei jeweils leicht positivem Wanderungssaldo. me
Weitere Informationen:
http://www.integrationsbeauftragte.de/download/Migrationsbericht_2004.pdf
http://www.bafl.de/template/statistik/anlagen/hauptteil_5__2005_01.pdf
(Daten zum Asyl)
http://www.aussiedlerbeauftragter.de