Israel/Deutschland: Doppelte Staatsbürgerschaft nicht mehr sicher

9. Mai 2005

Deutschstämmige Juden in Israel befürchten zunehmend den Verlust ihrer Doppelstaatsbürgerschaft. Ein deutsches Gerichtsurteil aus dem Jahre 2001 führt heute mit Verzögerung dazu, dass der deutsche Pass häufig nicht mehr verlängert wird. Bei Deutsch-Israelis war eine Verlängerung bislang kein Problem.

Die Verunsicherung israelischer Doppelstaatler resultiert aus einer neuen Praxis der deutschen Behörden. Das Staatsangehörigkeitsgesetz legt in § 25 fest (siehe Box), dass eine Person die deutsche Nationalität verliert, wenn sie eine neue Staatsbürgerschaft beantragt. Dies soll beispielsweise bei rund 50.000 Türken der Fall sein, die sich nach In-Kraft-Treten des Staatsangehörigkeitsgesetzes 2000 in der Türkei wiedereinbürgern ließen (vgl. MuB 2/05). Für die „Alija", die Heimkehr in den Staat Israel, galt bislang eine andere Rechtsauffassung: Die Pässe von Deutschjuden und deren Nachfahren wurden in der Regel auch in Israel verlängert.

Bereits im September 2001 hatte das Bayerische Verwaltungsgericht München entschieden, dass Deutsche ihre Staatsbürgerschaft verlieren, wenn sie die israelische nicht ausschlagen (Az: M25 K 99.500). Inzwischen verweigern die deutschen Behörden in Israel zunehmend eine Verlängerung. Die Zahl von Anfragen und Beschwerden in diesem Zusammenhang häufen sich, so Jalon Gräber, Geschäftsführer der Organisation „Noam" in Tel Aviv. „Noam" hilft deutschen Einwanderern, sich in Israel zurechtzufinden. Gräber sprach von einer wachsenden Zahl Betroffener.

Das Bundesinnenministerium begründete, der Münchner Gerichtsbeschluss habe eine Überprüfung bei der Verlängerung von Pässen nötig gemacht, die sich heute bemerkbar mache. Deshalb müsse die deutsche Botschaft in Tel Aviv „Bürger darüber unterrichten, dass die Einwanderung nach Israel und der damit verbundene Erwerb der israelischen Staatsangehörigkeit unter Umständen zum Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft führen kann".

Staatsrechtsexperten empfehlen nun, einen Antrag auf Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit zu stellen (nach § 25, Absatz 2). Nach Einschätzung von „Noam" wird aber auch ein solcher immer häufiger abgelehnt. Wie viele Personen betroffen sind, können die Behörden noch nicht einschätzen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes handele es sich um Einzelfälle.

Die israelische Einwanderungsbehörde verwies auf das Beispiel der USA, Frankreichs und Belgiens, die bei Israelis eine Ausnahme bei der Doppelbürgerschaft zuließen und forderte eine EU-weite Regelung.

Für Israelis gilt eine EU-Staatsbürgerschaft in Zeiten der bedrohten Sicherheitslage im Nahen Osten als Rückversicherung, da sie im Gegensatz zu den israelischen Papieren viele visafreie Reisemöglichkeiten eröffnet. Seit Anfang 2002 verzeichneten die deutschen Behörden einen enormen Anstieg der Anträge auf Staatsbürgerschaft von deutschstämmigen Juden. Von ihnen leben rund 60.000 in Israel. chw

Weitere Informationen:
www.vgh.bayern.de/VGMuenchen/presse.htm
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/rustag/__25.html
www.noamonline.org.il/programmein israel2.html
www.tel-aviv.diplo.de/de/04/Konsularischer__ Service/Mehrstaater.html

chw

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