Die Europäische Kommission hat 2006 zum „Europäischen Jahr der Mobilität der Arbeitnehmer“ erklärt. Mit der Kampagne soll die Mobilität von Arbeitnehmern in der Europäischen Union erhöht werden. Die Kommission will damit das Problem ungleicher regionaler Wirtschaftsentwicklung lösen und die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Zeitalter der Globalisierung sicherstellen.
Nach Angaben der EU-Kommission leben derzeit etwa 1,5 % der Bevölkerung der 25 EU-Mitgliedstaaten im erwerbsfähigen Alter in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsland. Dieser Prozentsatz hat sich in den letzten 30 Jahren kaum verändert (vgl. MuB 2/06). Grenzüberschreitendes Pendeln zwischen Mitgliedstaaten ohne Wohnortwechsel hat in den letzten Jahren dagegen zugenommen. Im Durchschnitt pendeln etwa 0,2 % aller Erwerbstätigen der alten Mitgliedstaaten (EU15) in ein Nachbarland. Die Kommission will diese Zahlen erhöhen, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu wahren. Hintergrund ist die auch zukünftig ungleiche wirtschaftliche Entwicklung innerhalb der EU. Dadurch wird es in den nächsten Jahren in einigen Regionen zu einem erheblichen Mangel an Arbeitskräften kommen, während andere Regionen weiterhin von hoher Erwerbslosigkeit gezeichnet sein werden. Mobilität sei daher unvermeidlich. Zu den Regionen, die auf einen Zuzug von Arbeitskräften angewiesen sind, zählen Südengland, Dänemark, Schweden, die Niederlande, Zentralfrankreich, Süddeutschland, Westösterreich und Zentralportugal.
Das Europäische Jahr der Mobilität der Arbeitnehmer wurde am 20./21. Februar 2006 in Brüssel offiziell mit der Konferenz „Arbeitnehmermobilität: ein Recht, eine Möglichkeit, eine Chance?“ eröffnet. Die EU-Kommission verfolgt mit der Kampagne nach eigenen Angaben drei Ziele. Erstens sollen die Bürger für die Rechte der Arbeitnehmer hinsichtlich der Freizügigkeit von Personen sensibilisiert und auf bestehende Möglichkeiten und Instrumente aufmerksam gemacht werden. Zweitens soll der Austausch erfolgreicher Politikmaßnahmen im Bereich der Mobilität zwischen den Mitgliedstaaten verstärkt werden. Drittens soll das Wissen über die Mobilitätsströme in Europa, über Motivationen und Hindernisse für die Mobilität der Arbeitnehmer erweitert werden.
Für das Mobilitätsjahr stehen Mittel in Höhe von 10 Mio. Euro zur Verfügung. Damit sollen u. a. eine für Juni in Wien geplante Mobilitätskonferenz, eine europaweite Jobmesse, die im September gleichzeitig in über 50 europäischen Städten stattfinden soll, sowie die Europa-Stellenbörse „Job Fair Europe“ finanziert werden. Zudem will die Kommission in allen europäischen U-Bahnen sowie mit Filmen und einer Website für die Vorteile der Mobilität werben. Auf der Eröffnungskonferenz sagte Vladimír Špidla, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit: „Freizügigkeit ist ein Grundrecht der EU-Bürgerinnen und -Bürger, das bestmöglich genutzt werden sollte, da es neue Wege zum Lernen, zum Arbeiten und zur Weiterbildung eröffnet.“ EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte: „Europa muss darüber nachdenken, wie es seine Arbeitskräfte effizienter und anpassungsfähiger machen kann.“ Demgegenüber geben Kritiker zu bedenken, dass die ökonomisch motivierte Mobilitätspolitik der EU-Kommission menschliche Bedürfnisse wie die Stabilität sozialer Bindungen oder Wohnortstabilität im Interesse der Familie vernachlässige.
Weitere Informationen:
europa.eu.int/comm/employment_social/workersmobility2006/index_de.htm
europa.eu.int/comm/public_opinion/index_en.htm