Anfang Februar hat der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy (UMP) seinen lang angekündigten Plan zur Verbesserung der Situation in den Vorstädten offiziell vorgestellt. Dieser enthält zahlreiche Vorschläge für die Bereiche Bildung, Arbeitsmarktzugang, Sicherheit und Transport. Kritiker bemängelten, es bliebe unklar, wie die Vorhaben konkret umgesetzt und finanziert werden sollen.
Französische Vororte von Metropolen wie Paris, Marseille und Lyon gelten seit drei Jahrzehnten als soziale Brennpunkte. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren in einigen Siedlungen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizeikräften und Jugendlichen (vgl. MuB 10/05; 1/08). Auch wenn viele Experten die Ursachen v. a. in der hohen Arbeitslosigkeit und der Perspektivlosigkeit sehen, wird in der Öffentlichkeit häufig von kulturellen oder religiösen Konflikten bzw. Integrationsproblemen gesprochen, da ein großer Teil der Vorstadtbewohner einen Migrationshintergrund hat. In der Vergangenheit gab es immer wieder ambitionierte Pläne zur Verbesserung der Situation in den Banlieues, die jedoch ohne große Wirkung blieben.
Der für seine harte Linie in der Einwanderungs- und Integrationspolitik bekannte französische Präsident Nicolas Sarkozy (vgl. MuB 8/07; 4/07) hatte bereits im Wahlkampf einen „Marshallplan“ zur Rettung der Vorstädte angekündigt. Dessen Einführung war nach seiner Wahl im Mai 2007 mehrfach verschoben worden. Am 22. Januar stellte die französische Staatsministerin für Städtepolitik Fadela Amara (PS) die großen Linien des Plans „Espoir Banlieue“ („Hoffnung Banlieue“) symbolträchtig in dem Lyoner Vorort Vaulx-en-Velin vor. Hier hatten Anfang der 1990er Jahre erstmals in größerem Ausmaß gewalttätige Konfrontationen stattgefunden.
Sarkozys „neue Politik für die Vororte“ umfasst Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Arbeitsmarktzugang, Sicherheit und Transport. So sollen in den so genannten sensiblen urbanen Zonen dreißig Exzellenz-Schulen für die besten Schüler aus den Banlieues geschaffen werden. Zudem sollen weitere Schulen der „zweiten Chance“ eröffnet werden, in denen junge Erwachsene ohne Schulabschluss (18 bis 26 Jahre) eine individuelle Förderung erhalten. Die Zahl der Plätze in solchen Einrichtungen soll von bisher 4.000 auf 15.000 bis 20.000 Personen im Jahr 2012 ausgebaut werden. Ferner sollen mehr Schüler in Internaten aufgenommen werden sowie Kinder aus Problemvierteln Schulen in besseren Gegenden besuchen.
Der Plan sieht auch die Schaffung eines so genannten Autonomievertrags („Contrat d’Autonomie“) für 45.000 Jugendliche unter 26 Jahren in den nächsten drei Jahren vor. Die jungen Erwachsenen sollen individuell betreut werden, um sich in den Arbeitsmarkt besser eingliedern zu können. Ein weiteres Ziel ist die Schaffung von 20.000 Unternehmen in den Banlieues innerhalb von vier Jahren.
Bis 2011 sollen insgesamt 4.000 zusätzliche Polizisten in den Vororten eingestellt werden. Unter anderem soll es künftig eine Spezialeinheit zum Kampf gegen urbane Gewalt geben. Des Weiteren sind 500 Mio. Euro vorgesehen, um die Verkehrsanbindung von abgelegenen Siedlungen zu verbessern und somit deren Isolation aufzubrechen.
Während Sarkozy und andere UMP-Politiker den Plan lobten, kam Kritik von Oppositionsparteien, Gewerkschaften und Migrantenverbänden. Die Sozialisten (PS) blieben der Vorstellung aus Protest fern. PS-Sprecher Julien Dray sagte, der Plan sei „durchgefallen“ und ließe keine Vision erkennen. Zwar seien viele Maßnahmen sinnvoll, sie reichten jedoch nicht aus. Die kommunistische Partei kritisierte die unklare Finanzierung sowie die unkonkrete Ausgestaltung zahlreicher Maßnahmen, besonders des Autonomievertrags. Maurice Charrier, Bürgermeister von Vaulx-en-Velin, zeigte sich „zutiefst enttäuscht“ und kritisierte Sarkozys Rede als „moralisierend, stigmatisierend und elitär“. Zwischen den Worten des Präsidenten und der Realität in den Vorstädten liege eine „tiefe Kluft“. Vertreter von Gewerkschaften und Migrantenverbänden äußerten sich ähnlich.
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www.ville.gouv.fr