Deutschland: Neue Studie zur Lebenssituation von Ausländern

4. Mai 2008

Die Lebensbedingungen der fünf größten Ausländergruppen in Deutschland unterscheiden sich teilweise deutlich voneinander, besonders wenn sie nach Geschlecht differenziert betrachtet werden. Dies geht aus einer aktuellen Untersuchung hervor, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Anfang März veröffentlicht hat.

Die Ergebnisse der Repräsentativbefragung „Ausgewählte Migrantengruppen in Deutschland 2006/2007“ sollen den mit der Integrationspolitik befassten Institutionen aktuelle Daten zur Lebenssituation von Ausländern zur Verfügung stellen. Dazu gehören v. a. Informationen, die aus der amtlichen Statistik nicht hervorgehen. Ähnliche Untersuchungen waren bereits im Auftrag des Bundessozialministeriums durchgeführt worden (zuletzt 2001). Türken sind die zahlenmäßig größte Ausländergruppe in der Bundesrepublik: Im Jahr 2006 hatten rund 26 % der Nicht-Deutschen einen türkischen Pass. Darauf folgen Personen aus Jugoslawien bzw. dessen Nachfolgestaaten (14 %), Italiener (8 %), Polen (5,5 %) und Griechen (4,5 %). Bei der aktuellen repräsentativen Stichprobe wurden insgesamt 4.579 Ausländer im Alter von 15 bis 79 Jahren aus allen Bundesländern befragt, darunter 1.544 Türken, 972 Ex-Jugoslawen, 746 Italiener, 677 Griechen und 637 Polen. Besonderes Augenmerk wurde auf die geschlechtsspezifische Darstellung der Ergebnisse gelegt.

Geschlechterverteilung: Grundsätzlich herrscht bei den in Deutschland lebenden Ex-Jugoslawen, Griechen und Türken ein leichter Männerüberschuss; bei Italienern fällt er mit 60,5 % am deutlichsten aus. Vergleichsweise viele Frauen befinden sich hingegen unter den Polen (57,3 %).

Altersverteilung: Bei der Altersverteilung spiegeln sich in der Stichprobe die Ergebnisse der allgemeinen Bevölkerungsstatistik wider: Die Türken sind die „jüngste“ Ausländergruppe. Während bei den anderen Nationalitäten jeweils zwischen 11,5 % und 13,9 % im Alter von 15 bis 24 Jahren sind, ist es bei den Türken fast ein Fünftel aller Befragten (19,6 %).

Aufenthaltsdauer: Was die Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik anbelangt, so leben 79,4 % der befragten Italiener und 71,6 % der Griechen schon länger als 20 Jahre in Deutschland, bei den Türken sind es 64,9 % und bei den ehemaligen Jugoslawen 51,6 %. Bei den Polen beträgt dieser Anteil dagegen nur 19,2 %.

Schulische Bildung: Die beste schulische Bildung haben Polen: Rund 39 % verfügen über eine hohe Schulbildung (Hochschul- oder Fachhochschulreife). Bei den anderen Ausländergruppen sind es jeweils unter 20 %. Dies ist vor allem auf die polnischen Frauen zurückzuführen, von denen fast die Hälfte eine hohe Schulbildung hat – gegenüber rund 29 % bei den polnischen Männern.

Türken haben formal die geringste Schulbildung: Weniger als 10 % haben die (Fach )Hochschulreife. Dagegen verfügen 61 % nur über Grundschulbildung, 13 % haben gar keinen Schulabschluss (Ex-Jugoslawen: 56,5 % bzw. 8,4 %; Italiener: 60,1 % bzw. 11,5 %; Griechen: 51,4 % bzw. 11,5 %; Polen: 37,4 % bzw. 1,0 %). Auch lassen sich bei Türken schlechtere Deutschkenntnisse als bei den anderen Gruppen feststellen. Nur 44 % bezeichnen ihr Deutsch als gut oder sehr gut. Bei den anderen Gruppen beträgt dieser Anteil mehr als 50 %. Laut Selbsteinschätzung verfügen sogar 23,6 % der türkischen Frauen über keine oder nur sehr schlechte Deutschkenntnisse.

Gleichzeitig haben Türkinnen die wenigsten Sozialkontakte zu Deutschen: 24 % haben keine oder nur selten private Kontakte zu Deutschen. Bei den türkischen Männern liegt dieser Anteil bei unter 15 % (insgesamt: 19,3 %). Doch auch unter den Italienern, Ex-Jugoslawen und Polen (jeweils 11 %) sowie bei den Griechen (14,5 %) gibt es signifikante Anteile, die im privaten Bereich selten oder nie Kontakt mit Deutschen haben. Italiener, Polen und Ex-Jugoslawen haben jedoch im Durchschnitt sogar häufiger Kontakt zu Deutschen als zu ihren Landsleuten.

Wohnverhältnisse: Auch im Bereich Wohnen sticht die Gruppe der Türken hervor. Aufgrund der vergleichsweise hohen Kinderzahl pro Familie leben 53 % in Haushalten mit vier oder mehr Personen (Italiener: 42 %, Griechen: 38 %, Ex-Jugoslawen: 38 %, Polen: 28 %), gleichzeitig verfügen sie durchschnittlich über die geringste Anzahl an Zimmern pro Person (1,03 Zimmer/Prs.). Über mehr Platz verfügen Polen (1,15) und Ausländer aus dem ehemaligen Jugoslawen (1,16). Über die höchste durchschnittliche Anzahl an Zimmern pro Person verfügen Griechen (1,22) und Italiener (1,29).

Die Untersuchung umfasste ferner Fragen zur (beruflichen) Tätigkeit, zur Bindung an Deutschland und das Herkunftsland, zur Religion, zu Einstellungen sowie zur Wahl der Ansprechpartner bei Problemen. Die Darstellung der statistischen Ergebnisse erfolgte weitgehend ohne analytische Erklärungen. Im Anschluss daran werden einige Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Integrationsförderung gezogen, die sich weitgehend mit den Analysen der Bundesregierung sowie den im Nationalen Integrationsplan formulierten Ansätzen decken (vgl. MuB 6/07), jedoch nicht nach den einzelnen Ausländergruppen differenzieren. Dazu gehören der Ausbau der Kinderbetreuung begleitend zu Integrationskursen, Maßnahmen in den Bereichen Schule, Aus- und Weiterbildung, die dazu beitragen, die Chance auf stabile Berufs- und Erwerbsbiographien zu erhöhen, sowie eine Verbesserung der Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme zur deutschen Mehrheitsbevölkerung.

Studie: Christian Babka von Gostomski: Türkische, griechische, italienische und polnische Personen sowie Personen aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien in Deutschland. Erste Ergebnisse der Repräsentativbefragung „Ausgewählte Migrantengruppen in Deutschland 2006/2007“ (RAM). Working Paper 11 der Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, 2008, Nürnberg, ISSN: 1865-4770.
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