Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) verständigten sich im Dezember 2002 auf ein einheitliches Verfahren zur Bearbeitung von Asylanträgen. Die Regelungen betreffen ausschließlich Drittstaatsangehörige, die illegal in die EU eingereist sind. Künftig soll nur noch in den ersten 12 Monaten nach einem illegalen Grenzübertritt derjenige Staat zuständig sein, in den die Ersteinreise erfolgte.
Der auf einer Sitzung am 18. Dezember 2002 in Brüssel erreichte Kompromiss sollte Anfang 2003 in Kraft treten. Trotz der bereits auf einer Ratssitzung am 28. November 2002 erfolgten politischen Einigung steht der Termin für das In-Kraft-Treten der Richtlinie noch nicht fest. Die Ursache hierfür ist ein niederländischer Parlamentsvorbehalts noch nicht fest. Falls nach den niederländischen Parlamentswahlen am 22. Januar 2003 eine parlamentarische Mehrheit für die Ratifizierung der Richtlinie zustande kommt, wäre der mehrere Jahre andauernde Streit über die Zuständigkeiten bei Asylanträgen beendet.
Bisher waren grundsätzlich die Ersteinreiseländer für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig (Dubliner Übereinkommen, siehe Box). Vor allem die von illegaler Einwanderung besonders stark betroffenen Mittelmeeranrainer Italien und Griechenland hatten auf eine Änderung dieser Regelung gedrängt. Migranten, die nach ihrer illegalen Einreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat weiterreisen, können von diesem Staat nur noch in den ersten 12 Monaten in das Erstaufnahmeland zurückgeschickt werden. Regierungsvertreter Belgiens, Deutschlands, Frankreichs und der Niederlande hatten sich für eine Frist von 24 Monaten eingesetzt, konnten sich damit jedoch nicht durchsetzen.
Nach Ablauf der einjährigen Frist ist der Staat zuständig, in dem der Asylsuchende einen mindestens fünfmonatigen Aufenthalt nachweisen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Umstände der illegalen Ersteinreise nicht mehr rekonstruierbar sind. Ausnahmen von der einjährigen Rücküberweisungsfrist sollen dann möglich sein, wenn Angehörige des Asylsuchenden in einem anderen EU-Staat leben.
Der Nachweis des Ortes der Ersteinreise soll durch die EU-weite Datenbank Eurodac erbracht werden (vgl. MuB 5/99). Die Datenbank ist ein polizeiliches Erkennungssystem zur Speicherung von Fingerabdrücken sowie weiterer Daten von Asylsuchenden und illegal eingereisten Personen. Am 15. Januar 2003 ging das Eurodac-System in allen EU-Staaten mit Ausnahme Dänemarks in Betrieb. Norwegen und Island beteiligen sich ebenfalls. Die Zentraleinheit befindet sich in Luxemburg und wird von der Europäischen Kommission betrieben.
Am 19. Dezember 2002 einigten sich die Innen- und Justizminister der EU-Mitgliedstaaten zudem auf Mindeststandards für Asylsuchende, um das so genannte „Asyl-Shopping" zu verhindern. Der Zugang zu den Sozialsystemen und zur Gesundheitsversorgung soll EU-weit vereinheitlicht werden. Grundsätzlich soll nach einem Aufenthalt von 12 Monaten der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Auf Druck der deutschen Regierung wurde diese Regelung jedoch eingeschränkt. Die Arbeitsgenehmigungen sind nun gemäß den Vorschriften des jeweiligen EU-Mitgliedstaates zu erteilen.
Den Richtlinien zufolge ist ein besonderer Schutz bei werdenden Müttern, alten und behinderten Personen, Minderjährigen sowie Opfern von Folter und anderen Gewalttaten zu gewähren. Die Mitgliedstaaten können weiterhin die Freizügigkeit von Asylbewerbern begrenzen und sie während des Asylverfahrens in geschlossenen Anlagen unterbringen. Im Laufe des Jahres 2001 wurden in den Mitgliedstaaten der EU insgesamt 384.334 Anträge auf Asyl gestellt (vgl. MuB 09/02). sta
Weitere Informationen:
www.eu2002.dk/news/news_read.asp?iInformationID=26140
http://ue.eu.int/pressData/de/jha/73943.pdf