Auf ihrem Gipfeltreffen am 5. November 2004 in Brüssel haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten auf eine Vereinheitlichung der Asylpolitik bis zum Jahr 2010 geeinigt. Sie verabschiedeten das 'Haager Programm'.
Mit dem „Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht der EU“ haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten Leitlinien im Bereich der Innen- und Justizpolitik für den Zeitraum von 2005 bis 2010 festgelegt. Schwerpunkte sind die Schaffung eines „Gemeinsamen europäischen Asylsystems“ bis zum Jahr 2010, die Steuerung legaler Zuwanderung, eine Lastenverteilung bei der Kontrolle der EU-Außengrenzen sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität. Die Beschlüsse knüpfen an die Ergebnisse des Tampere-Gipfels von 1999 an (vgl. MuB 8/99).
Ein zentraler Punkt des Haager Programms ist der Übergang zum qualifizierten Mehrheitsverfahren bei Entscheidungen in der Asylpolitik, einschließlich Grenzschutz und illegale Zuwanderung, bis spätestens zum 1. April 2005. Bereits der Vertrag von Nizza sah einen automatischen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen vor, sobald eine Einigung auf Mindestnormen erreicht werde. Die Einigung wurde Ende April 2004 kurz vor der Ost-Erweiterung erreicht (vgl. MuB 4/04). Im Bereich der legalen Zuwanderung sieht die Europäische Verfassung zwar einen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen vor. Nicht zuletzt auf Druck der Bundesregierung wird die Zuwanderung in die Arbeitsmärkte auch nach einem möglichen In-Kraft-Treten der EU-Verfassung in nationaler Zuständigkeit bleiben.
Die Europäische Kommission wurde beauftragt, zwei Studien zur Bewertung des europäischen Asylsystems zu erstellen. Dabei geht es zum einen um die rechtlichen und praktischen Auswirkungen einer gemeinsamen Behandlung von Asylanträgen innerhalb der EU, zum anderen um die „Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit einer gemeinsamen Behandlung von Asylanträgen außerhalb der Union“. Letzteres geht auf die Initiative von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zurück, Asylanlaufstellen in Nordafrika zu schaffen (vgl. MuB 7/04, 8/04). Großbritannien und Italien unterstützen Schilys Vorstoß, Frankreich und Spanien lehnen diesen vehement ab. Ferner ist die Einrichtung einer europäischen Agentur vorgesehen, die die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Asylbehörden erleichtern soll.
Die Kontrolle der Außengrenzen bleibt weiterhin im Aufgabenbereich der nationalen Behörden. Diese sollen in ihrer Arbeit jedoch durch eine europäische Grenzschutzagentur und einen Grenzschutzfonds unterstützt werden, über den die finanziellen Lasten verteilt werden sollen. Die Grenzschutzagentur soll spätestens zum 1. Mai 2005 ihre Arbeit aufnehmen. Bis 2007 soll die Kommission außerdem prüfen, ob die Bildung einer Europäschen Grenzschutztruppe möglich und sinnvoll wäre.
Das Haager Programm enthält ebenso Passagen zu den Beziehungen zu Drittstaaten, zur Rückübernahme von abgelehnten Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie zum Themenfeld Sicherheit und Recht. Bis Ende 2006 soll das gemeinsame Visa-Informationssystem (VIS) in Betrieb gehen, bevor ab 2007 dann Visa mit biometrischen Erkennungsmerkmalen ausgegeben werden. sta
Weitere Informationen:
http://www.eu2004.nl/default.asp?
http://www.bundesregierung.de/artikel-,413.