Die fünf bevölkerungsreichsten EU-Staaten wollen künftig gemeinsam Ausländer abschieben, die sich illegal in dem jeweiligen Land aufhalten. Darauf einigten sich die Innenminister und Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spaniens bei einem Treffen im französischen Evian Anfang Juli.
Auf dem Treffen der so genannten G5-Gruppe wurden die Themenfelder Terrorismus, organisierte Kriminalität, Grenzschutz und Migrationspolitik behandelt. Die seit Mai 2003 außerhalb des Gemeinschaftsrahmens stattfindenden G5-Treffen gehen auf eine Initiative des französischen Innenministers Nicolas Sarkozy (UMP) zurück. Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an den Gipfel sprach sich Sarkozy für die Aufnahme Polens in die G5-Gruppe aus. Als bevölkerungsreichster neuer Mitgliedstaat mit einer besonders langen Außengrenze solle Polen einen besonderen Platz bei der Zusammenarbeit einnehmen.
Der Vorschlag zu Sammelabschiebungen wurde Sarkozy zufolge vom spanischen Innenminister José Antonio Alonso (PSOE) eingebracht. Es solle sich dabei um Charterflüge handeln, die zunächst die Abschiebehäftlinge in den G5-Staaten abholen, um sie dann in ihre Heimatländer zurückzufliegen. Dadurch erhoffen sich die Innenminister eine erhebliche Kostenreduzierung. Auch gab es in den vergangenen Jahren vermehrt Probleme bei der Abschiebung in Linienmaschinen, da sich das Flugpersonal weigerte, Abschiebehäftlinge zu transportieren oder einzelne Passagiere protestierten. Vereinzelt kam es durch Polizeigewalt im Flugzeug sogar zu Todesfällen (vgl. MuB 8/98 und 5/99). Obwohl Frankreichs Innenminister Sarkozy und sein britischer Amtskollege Charles Clarke (Labour) davon sprachen, dass die Umsetzung der Sammelabschiebungen nur eine Frage von „wenigen Tagen" sei, hat es nach Angaben des deutschen Innenministeriums bislang weder solche Flüge gegeben, noch seien sie zurzeit in Planung.
Sarkozy sprach sich außerdem für eine moderne Datenerfassung bei der Visa-Vergabe aus. Dabei sollten sowohl Fotos als auch Fingerabdrücke in die Visa aufgenommen werden. Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben bereits in Pilotprojekten biometrische Merkmale bei der Visa-Vergabe getestet. Nach der Einführung derartiger Maßnahmen in einigen Herkunftsländern habe sich dort die Zahl der Antragsteller nahezu halbiert. Die G5-Staaten wollen eine gemeinsame Prioritätenliste von jenen Ländern erstellen, in denen biometrische Merkmale zuerst einzuführen sind. Der britische Innenminister Clarke forderte zudem, dass die G5-Staaten die Visa-Vergabe mit der Bereitschaft der Herkunftsländer zur Rücknahme von abgeschobenen Asylbewerbern und undokumentierten Migranten verknüpfen sollten.
Als Maßnahme gegen Migranten, die die maximale Aufenthaltsdauer ihres Visums überschreiten, wollen die G5-Staaten Ausreisekontrollen an den Außengrenzen anregen. Als Grundlage dafür könne die Datenbank des EU-weiten Visa-Informationssystems dienen. Auch interne Kontrollen v. a. auf internationalen Ost-West-Bahnstrecken sollen verstärkt werden.
Weitere migrationspolitische Initiativen des G5-Gipfels umfassen die Entwicklung eines gemeinsamen Bezugsrahmens für die Familienzusammenführung sowie die Ausweitung des Bildungsaustauschprogramms „Erasmus Mundus". Ausländischen Hochschulabsolventen soll es ermöglicht werden, Berufserfahrungen in den G5-Staaten zu sammeln.
Schließlich vereinbarten die Gipfelteilnehmer, technisch kompatible, elektronische Personalausweise einzuführen. Eine technische Vergleichsstudie soll bis Ende 2005 abgeschlossen werden. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich sollen ab Herbst 2005 bereits so genannte "ePässe" mit biometrischen Merkmalen eingeführt werden (vgl. MuB 7/05). sta
Weitere Informationen:
www.interieur.gouv.fr