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Ausgabe 6
September 2001
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Südpazifik: Streit um Aufnahme von Bootsflüchtlingen

In der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Aufnahme der rund 450 Flüchtlinge des norwegischen Containerschiffs "Tampa" sprach das Australische Bundesgericht am 17. September 2001 in Melbourne der Regierung das Recht zu, Asylsuchenden, die auf illegalem Weg eintreffen, die Landung in Australien zu verweigern. Damit ist Australien nicht mehr verpflichtet, die von der "Tampa" geretteten überwiegend afghanischen Flüchtlinge aufzunehmen.

Ende August 2001 rettete die Besatzung der "Tampa" mehr als 450 Flüchtlinge aus Afghanistan und Sri Lanka von einer im Indischen Ozean zwischen Indonesien und Australien in Seenot geratenen indonesischen Fähre. Die prekäre Lage der Flüchtlinge veranlasste den norwegischen Kapitän Arne Rinnan, Kurs auf die nahegelegene australische Weihnachtsinsel zu nehmen. Die Regierung in Canberra verweigerte dem Schiff jedoch das Einlaufen in australisches Hoheitsgebiet, da sich die Flüchtlinge sonst auf das Non-Refoulement Prinzip (Art. 33) der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) berufen hätten können. Am 29. August ließ die australische Regierung das Schiff entern. Soldaten der Eliteeinheit SAS sollten sicherstellen, dass der norwegische Kapitän nicht die zu Australien gehörende Weihnachtsinsel ansteuert.

In einer ersten Gerichtsentscheidung wertete der australische Bundesrichter Anthony North dies als faktische Inhaftierung der Flüchtlinge, für die es keine gesetzliche Grundlage gebe. Premierminister John Howard (Liberale) war mit seinem kurzfristig unternommenen Versuch gescheitert, ein entsprechendes Gesetz im australischen Senat zu verabschieden. Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg (Arbeiterpartei) warf seinem australischen Amtskollegen nach ergebnislosen telefonischen Kontakten eine "völlig falsche Antwort auf ein schwerwiegendes humanitäres Problem" vor. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) kritisierte Australien: "Wir sind besorgt, und das UNHCR hätte eine andere Lösung bevorzugt", teilte ein Vertreter in Genf mit. Ein Sprecher des Internationalen Interessenverbandes der Reeder, Makler und Versicherer (Bimco) erklärte in Kopenhagen, die australische Regierung gefährde mit ihrem Verhalten das Gebot, Menschen in Seenot zu retten.

In einem Berufungsverfahren revidierte das Bundesgericht die erste Entscheidung, bei dem es sich um eine Einzelentscheidung handelte. In einer Full-Court-Entscheidung wurde das neue Urteil mit 2 zu 1 Stimmen gefällt. Howard erklärte daraufhin vor dem Parlament in Canberra, Australien sei nicht für das Schicksal der aus internationalen Gewässern geborgenen Menschen verantwortlich. Auch die indonesische Regierung weigerte sich, der Tampa die Fahrt in indonesisches Hoheitsgebiet zu erlauben. 

Nach mehr als einer Woche Wartezeit vor der Weihnachtsinsel wurden die Tampa-Flüchtlinge an Bord des Truppentransportschiffs HMAS "Manoora" gebracht. Entgegen der ursprünglichen Absicht, sie zunächst nach Papua-Neuguinea zu bringen, wurden sie direkt zur pazifischen Inselrepublik Nauru befördert. Weitere 237 Flüchtlinge, die von der australischen Kriegsmarine aufgegriffen wurden, sind ebenfalls an Bord der "Manoora" gebracht worden. 

Nauru mit einer Fläche von 21 km2 und etwa 10.000 Einwohnern ist der kleinste Staat der Welt. Das Land erklärte sich bereit, die übrigen etwa 500 Flüchtlinge aufzunehmen. Im Verhältnis zur Wohnbevölkerung käme dies einer Aufnahme von mehr als 1 Mio. Flüchtlingen durch Australien gleich. Für die Aufnahme der Flüchtlinge erhält Nauru von Australien Hilfen im Wert von 20 Mio. Australischer Dollar (10,72 Mio. Euro). Die australische Armee hat indessen ein Zeltlager im Landesinneren Naurus errichtet, in dem die Flüchtlinge bis zur Bearbeitung ihrer Asylanträge durch das UNHCR untergebracht sein werden. Australien wird nach Ende der Bearbeitungszeit diejenigen Flüchtlinge aufnehmen, deren Asylanträge bewilligt wurden. 
Neuseeland, das seine Quote für Einwanderer in diesem Jahr noch nicht erreicht hat, erklärte sich bereit, 150 Flüchtlinge aufzunehmen. Die neuseeländische Ministerpräsidentin Helen Clark (Labor Party) sagte bereits zu, dass alle aufgenommenen Familien auf Dauer in ihrem Land bleiben könnten. 

Der australische Außenminister Alexander Downer (Liberale) bezeichnete die harte Haltung gegen illegale Einwanderer als "notwendig", um Australien nicht als leichtes Fluchtziel erscheinen zu lassen. "Wenn wir uns entschlossen zeigen und sie nicht einfach herein lassen, werden wir den Menschenschmuggel nach Australien unterbinden." Die australische Polizei hat indessen vier indonesische Besatzungsmitglieder der Fähre, die mit den Flüchtlingen an Bord in Seenot geraten war, des Menschenschmuggels beschuldigt. 

Premierminister Howard kündigte bereits ein schärferes Vorgehen gegen Asylsuchende an. Wer über die Weihnachtsinsel einreist, die nur etwa 350 km südlich von Java (Indonesien) liegt, oder über eine Reihe von anderen kleineren Inseln, soll nach einem abgelehnten Asylantrag künftig nicht mehr in Berufung gehen können. Zudem wurden Boots- und Flugpatrouillen entlang der australischen Nordküste verstärkt. Außerdem will die Regierung die Strafen für Schlepper erhöhen. So soll die Höchststrafe auf fünf Jahre steigen. Nach Angaben des australischen Einwanderungsministers Philip Ruddock (Liberale) wird der Großteil der aufgegriffenen Schlepper derzeit zu zwei Jahren Haft verurteilt. Nach einer zweiten Festnahme soll die Höchststrafe in Zukunft acht Jahre betragen.

Das australische Prinzip der Abschreckung ist nicht neu: Seit 1992 werden illegale Einwanderer sofort nach ihrem Aufgriff in Gefängnislager gebracht, die in der Regel in Wüstengebieten liegen. Das unter der früheren Labor-Regierung eingeführte System wurde unter dem liberal-konservativen Howard deutlich verschärft. Derzeit warten rund 3.000 Asylbewerber in diesen Lagern zum Teil seit mehreren Jahre darauf, dass über ihre Anerkennung als Asylbewerber entschieden wird. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass selbst Kinder hinter Stacheldraht leben müssen und weder Zugang zu Schulen noch zu anderen Formen der Ablenkung haben. 
Bereits vor der jüngsten Auseinandersetzung um die Bootsflüchtlinge waren mehr als 1.500 Flüchtlinge aus Afghanistan, Iran und dem Irak bei der illegalen Einreise nach Australien aufgegriffen worden. me

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