Nachdem Bundespräsident Johannes Rau (SPD) Ende Juni dieses Jahres das Zuwanderungsgesetz unterschrieb, kann das Gesetz am 1. Januar 2003 in Kraft treten. Ein erster Teil des Gesetzes wurde mit der Gründung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits umgesetzt. Nach der umstrittenen Abstimmung im Bundesrat am 22. März war zunächst unklar, ob Rau das Gesetz unterzeichnen würde. Die von CDU/CSU regierten Bundesländer reichten Mitte Juli Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Streitpunkt ist die Entscheidung des Bundesratspräsidenten Klaus Wowereit (SPD), das Abstimmungsverhalten Brandenburgs als Ja zum Gesetzentwurf zu werten (vgl. MuB 4/02).
In seiner Erklärung sagte Rau, er habe das Gesetz wie jedes andere sorgfältig auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft". Da er einen zweifelsfreien und offenkundigen" Verfassungsverstoß nicht feststellen konnte, habe er das Gesetz unterzeichnet. Trotzdem halte er einen Gang vor das Verfassungsgericht für wünschenswert", um auf diesem Wege die notwendige Rechtssicherheit zu schaffen.
Während Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), andere Vertreter der Regierungsparteien sowie Gewerkschaften, Industrie und Kirchen die Entscheidung des Bundespräsidenten begrüßten, reichten die unionsregierten Bundesländer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) erklärte, das Gesetz sei nicht verfassungsgemäß zu Stande gekommen, deshalb ist eine Klage unausweichlich". Obwohl mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im laufenden Jahr nicht mehr zu rechnen ist, wurde auf einen Eilantrag verzichtet. Die CDU-Bundestagsfraktion verzichtete entgegen früheren Ankündigungen auch auf eine Verfassungsklage gegen den Inhalt des Gesetzes.
Während die Bundesregierung die Position vertritt, dass das Zuwanderungsgesetz die Zuwanderung nach Deutschland steuere und auch begrenze, führt es nach Ansicht der Union zu einer unerwünschten Ausweitung. Im Falle eines Wahlsieges bei der Bundestagswahl am 22. September dieses Jahres wollen CDU und CSU daher eine Neufassung auf den Weg bringen. Allerdings kündigte der mögliche Koalitionspartner FDP bereits Widerstand dagegen an. Nach Aussagen des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle ist seine Partei offen für Verbesserungen an den bestehenden Regelungen, jedoch gegen die Rücknahme des Gesetzes. Sein Stellvertreter Walter Döring erklärte, dass Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) auf großen Widerstand der Liberalen" treffen werde, sollte er das Gesetz im Falle eines Wahlsieges kippen wollen.
Unterdessen bot Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) der Opposition Gespräche über die notwendigen Rechtsverordnungen zum neuen Gesetz an. Diese Ergänzungsvorschriften sind notwendig, damit das Gesetz nach seinem In-Kraft-Treten am 1. Januar 2003 auch in die Praxis umgesetzt werden kann. Dabei müssen wesentliche Rechtsverordnungen den Bundesrat passieren. Die CDU/CSU-geführten Bundesländer nahmen an verschiedenen vom Bundesinnenministerium organisierten Treffen jedoch nicht teil. Ihren Gesprächsboykott begründeten Baden-Württemberg, Bayern und Hessen damit, dass man kein verfassungswidriges Gesetz umsetzen wolle. Zudem würde das Gesetz durch die Teilnahme an den Gesprächen legitimiert.
Allerdings konnten sich die Bundesländer in den letzten Wochen auf eine gemeinsame Position über jene Rechtsverordnungen einigen, die die Einrichtung von Integrationskursen betreffen. Neben einer stärkeren finanziellen Beteiligung des Bundes verlangen sie auch konzeptionelle änderungen. Sollten die vorgesehenen 600 Stunden Sprachunterricht nicht ausreichen, fordern sie zusätzliche Förderkurse.
Einige Teile des Zuwanderungsgesetzes sind bereits ab 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten. Eine wesentliche Neuerung ist die Gründung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das aus dem bisherigen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) hervorging und seinen Sitz in Nürnberg beibehält. Die Durchführung des Asylverfahrens wird weiterhin eine Aufgabe dieser Institution sein. Bis zu Beginn des nächsten Jahres muss das neue Amt zusätzlich für die inhaltliche und flächendeckende Organisation der Integrationskurse für Zuwanderer sorgen. Ab dem 1. Januar 2003 kommen weitere Aufgaben hinzu, darunter etwa die Führung des Ausländerzentralregisters und die fachliche Unterstützung der Bundesregierung bei der Integrationsförderung. vö
Weitere Informationen im Bundesgesetzblatt Nr. 38: http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/BGBl102038s1946.pdf
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist unter www.bamf.de zu erreichen.