Am 14. Oktober legte Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) dem Innenausschuss des Parlaments einen revidierten Entwurf für ein neues Asylgesetz und die Neuregelung der Bundesbetreuung vor. Beides wurde sowohl seitens des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) als auch von einheimischen Flüchtlingshilfsorganisationen scharf kritisiert.
Der Oberste Gerichtshof hatte kürzlich entschieden, dass der Bund hilfsbedürftige Asylbewerber versorgen muss (vgl. MuB 7/03). Dies könnte es Organisationen wie Caritas und Diakonie ermöglichen, die Kosten für von ihnen betreute Personen auch rückwirkend einzuklagen. Das neue Gesetz soll jetzt genau das verhindern. Die Hilfsorganisationen protestieren dagegen auf das Heftigste. Sie sprechen von „Anlassgesetzgebung" und von einem Versuch, das Gerichtsurteil „zu kippen". Strasser wies jedoch darauf hin, dass der Gesetz geber ursprünglich keinen Rechtsanspruch auf Bundesbetreuung wollte. Jetzt stelle das Parlament dies in einer „authentischen Interpretation" noch einmal klar.
Kritik der Hilfsorganisationen gibt es auch an einer geplanten Bestimmung, wonach Asylbewerber mit „asylfremden" Motiven von vornherein vom Verfahren ausgeschlossen sind. Am stärksten umstritten ist das so genannte Neuerungsverbot. Danach soll ein Vorbringen neuer Fluchtgründe bei der Überprüfung abgelehnter Asylbewerber durch die zweite Instanz nicht mehr möglich sein. Ausnahmen sind nur für Traumatisierte und Folteropfer vorgesehen.
Mit ungewöhnlich scharfen Worten verurteilte das UNHCR in Genf den Entwurf des Innenministers. In einem offenen Brief wandte sich das Flüchtlingshochkommissariat an die Mitglieder des parlamentarischen Innenausschusses: „Es liegt in Ihrer Hand, Menschen zu retten oder sie zu gefährden. Streichen Sie daher das Neuerungsverbot aus dem Entwurf", schrieb UNHCR-Vertreter Gottfried Köfner. Denn die Praxis zeige, „dass verfolgte Menschen zunächst Vertrauen fassen müssen und oft erst in der Berufung ihre schrecklichen Erfahrungen mitteilen können. Nimmt man ihnen diese zweite Chance, kann das schwere Folgen haben." Der Verfassungsexperte Theo Öhlinger meinte dazu: „Wenn in der ersten Instanz falsche Entscheidungen ergehen, die nicht effizient bekämpft werden können, dann ist Österreich in manchen Fällen kein sicheres Asylland mehr, weil eine falsche Entscheidung der ersten Instanz zur Abschiebung führt, und die nicht mehr wirksam bekämpft werden kann". Öhlinger bezweifelt auch, dass das Gesetz einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof standhalten würde.
Künftig soll es Asylbewerbern möglich sein, im gemeinnützigen Bereich legal beschäftigt zu sein, z.B. bei der Pflege von Park- und Sportanlagen oder bei den Flüchtlingsorganisationen und -heimen selbst. Voraussetzungen sind Freiwilligkeit und eine angemessene Entschädigung. Ein normales Arbeitsverhältnis ist jedoch auch künftig ausgeschlossen. rm