Eskalierende Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellengruppen im Westen des Sudan haben in den vergangenen Wochen eine große Flüchtlingswelle ausgelöst. Insgesamt berichtete das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) von 600.000 Binnenvertriebenen. Hinzu kommen mehr als 110.000 Menschen, die in den Nachbarstaat Tschad flohen.
Seit rund 20 Jahren herrscht im Sudan Bürgerkrieg zwischen dem moslemischen Regime im Norden und Rebellen aus dem ölreichen Süden. Bei Friedensgesprächen zwischen den Kriegsparteien seit Januar dieses Jahres in Kenia zeichnet sich derzeit eine Lösung ab. Unabhängig davon aber spielten sich die jüngsten Kampfhandlungen, welche die Flüchtlingsbewegungen auslösten, in der westlich gelegenen Region Darfur ab. Dort bombardierte die Luftwaffe der sudanesischen Armee zahlreiche Dörfer. Die Angriffe richteten sich gegen die lokalen Rebellengruppen - das Sudan Liberation Movement (SLM) und das Justice and Equality Movement (JEM) - , die mehr politischen Einfluss für die Region fordern.
Das UNHCR begann im Februar, über eine Luftbrücke Hilfsgüter in den Tschad zu bringen, um die Flüchtlinge aus dem Sudan zu versorgen. Diese Maßnahme unterstützt die Einrichtung von Lagern in der Wüstenregion in Grenznähe. Hilfe leistet dabei auch die Bundesregierung über die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Zudem wurden Experten des Technischen Hilfswerks (THW) in den Tschad entsandt. Da zwischenzeitig kein Zugang mehr zu den meisten Teilen Darfurs auf dem Landweg bestand, wurde eine weitere Luftbrücke direkt in die umkämpfte Region gestartet. Etwa 105.000 Vertriebene im Umkreis von Al-Faschir, der Hauptstadt der Provinz Nord-Darfur, konnten so mit 2.000 Tonnen Lebensmitteln versorgt werden. Dennoch kann die Mehrzahl der Notleidenden bis heute nicht erreicht werden.
Hilfsorganisationen werfen der Regierung vor, den Zugang zu der Region zu erschweren. Die Erteilung von Einreise- und anderen Genehmigungen erfolge nur zögerlich und nach undurchsichtigen Kriterien. Hinzu kommt die schlechte Trinkwasserversorgung, aufgrund derer die Vereinten Nationen von einer humanitären Katastrophe in Dafur sprechen, „einer der schlimmsten weltweit“, so Ben Parker vom UN-Büro für die Koordinierung der humanitären Hilfe im Sudan.
Bei den Flüchtlingen im Tschad handelt es sich in der Mehrzahl um Frauen und Kleinkinder. Aus Furcht vor den Bombardierungen und anschließenden Massakern flohen die meisten Bewohner der ländlichen Regionen an den Rand der Städte. Allein im Ort Mornay wuchs die Zahl der Vertriebenen in den letzten vier Wochen von 7.000 auf nahezu 25.000. Der Zustand der Flüchtlinge, die in den Tschad gelangten, wird als kritisch eingestuft. Nach oft tagelangen Märschen sind viele Menschen an Malaria und Durchfall erkrankt. Zudem sei die Rate schwerster Unterernährung insbesondere bei Kindern sehr hoch, wie Mitarbeiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) berichten.
Hoffnung für eine Rückkehr der Flüchtlinge im Tschad birgt eine Ministerkonferenz zur Frage der Rückkehr von rund 2 Mio. Flüchtlingen in ganz Afrika, die auf Einladung des UNHCR am 8. März in Genf eröffnet wurde. An dem Treffen nahmen Vertreter der betroffenen Staaten, der Geberländer und Partnerorganisationen teil. Neben dem Sudan ging es um die Flüchtlingsherde Angola, Sierra Leone, Liberia, Eritrea, Somalia, Burundi, Ruanda und die Demokratische Republik Kongo. Das UNHCR äußerte sich vorsichtig optimistisch, dass einige der am längsten andauernden Flucht- und Vertreibungssituationen in Afrika in absehbarer Zeit gelöst werden können, wobei auch die Frage der Binnenvertriebenen diskutiert wird. chw
Weitere Informationen unter:
www.unhcr.de/unhcr.php/cat/27/aid/958
www.unhcr.de/unhcr.php/cat/27/aid/962