Im Mai berät der Nationalrat in einer Sondersitzung ein neues Ausländergesetz. An einem Erlass wird seit 1998 gearbeitet, der das aus dem Jahr 1931 stammende Gesetz über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern ablösen und neben dem Asylgesetz eine breite Grundlage für die Schweizer Migrationspolitik bieten soll. Die Vorlage ist umstritten, und es gilt als ungewiss, ob sie die erste parlamentarische Hürde nehmen wird. In einer vorgeschalteten beratenden Kommission waren die Positionen stark polarisiert. Sozialdemokraten (SP) und Grüne stehen für wesentlich großzügigere gesetzliche Regelungen, während die regierende Schweizerische Volkspartei (SVP) wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund rückte und die soziale Integration niedriger gewichtet.
Für Migranten aus EU-Staaten, rund 56% der Betroffenen, ist das Wesentliche im Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union geregelt. Dissens ergibt sich allerdings aus der Frage, ob das Recht für Zuwanderer aus anderen Staaten nach dem Muster des freien Personenverkehrs oder restriktiv zu gestalten sei. Hauptziel der Vorlage des Bundesrates ist, die Zuwanderung auf qualifizierte Arbeitskräfte zu beschränken, die sich voraussichtlich wirtschaftlich und sozial gut integrieren, eine bessere Rechtsstellung der Ausländer in der Schweiz, eine Neuregelung beim Familiennachzug, Integrationsförderung und die Bekämpfung von Missbräuchen.
Die sozialdemokratischen und grünen Mitglieder der Kommission sehen im Entwurf des Bundesrats allerdings ein „Abwehr- und Polizeigesetz“ und beantragten, den eigentlichen Zuwanderungsbedarf zu klären, der über Kontingente geregelt werden solle. Außerdem wurden Erleichterungen beim Familiennachzug gefordert. Die SVP trat in den Beratungen für leichtere Zulassungskriterien für Erwerbstätige bei gleichzeitiger Stabilisierung des Ausländeranteils ein. Nicht nur gesamtwirtschaftliche Interessen werden wie beim Bundesrat betont, sondern auch jene einzelner Branchen und Regionen.
Es ist fraglich, ob es zu einer schnellen Einigung im Nationalrat kommt. Momentan vergibt die Schweiz jährlich etwa 5.000 Aufenthaltsbewilligungen für Erwerbstätige und ebenso viele aus humanitären Gründen.
Auf einer Tagung des Schweizerischen Forums für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM) wurde die Gesetzesvorlage ebenfalls diskutiert. Seitens des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes wandte sich Vania Alleva hier gegen den Status der „Kurzaufenthalter“, die Auflagen für den Familiennachzug und das Kriterium der Qualifikation, das illegale Einwanderung geradezu produzieren werde. Ob ein Referendum anzustreben sei, ist bei den Gewerkschaften umstritten. chw
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