In einem Erlass gegen den Missbrauch von Visa für die Einreise nach Deutschland hat das Auswärtige Amt (AA) strengere Regelungen angekündigt. Noch in diesem Jahr soll die neue Visa-Praxis greifen.
Wegen bekannt gewordener Missbrauchsfälle bei der Vergabe von Visa soll das Innenministerium eine Mitzuständigkeit erhalten. Bislang ist das AA allein zuständig. Bestehen künftig Zweifel über die Rückkehr eines Besuchers oder Sicherheitsbedenken, wird das Visum verweigert. Neu ist eine „Einladerdatei", mit der Behörden herausfinden wollen, welche Firmen oder Einzelpersonen massenhaft Einladungen nach Deutschland ausstellen.
Trotz des Erlasses will die CDU/CSU-Opposition im Bundestag wegen verschiedener Korruptionsvorwürfe in deutschen Botschaften und Konsulaten einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Vergabe von Einreisevisa einsetzen. „Wir sind ein offenes Land und werden es auch bleiben. Aber wir geben kein Visum, wenn Missbrauchsgefahr besteht", sagte der AA-Staatssekretär Jürgen Chrobog.
Traditionell berücksichtigte das Auswärtige Amt Wirtschaftsinteressen, etwa bei einer schnellen Vergabe von Visa für Geschäftsreisende. Der „Volmer-Erlass", benannt nach dem früheren Staatsminister Ludger Volmer (Bündnis 90/Die Grünen), hatte die Maxime festgelegt: Im Zweifel für die Reisefreiheit. Im neuen „Chrobog-Erlass" ist nun die Sicherheit vorrangig.
Im Untersuchungsausschuss soll ab Januar 2005 geklärt werden, ob fahrlässige oder bestechliche Beamte möglicherweise Schwarzarbeit, Schleusertum, Prostitution oder terroristische Absichten begünstigt hätten, so die CDU/CSU-Fraktion. Eine stärkere Einbindung des Innenministeriums bei der Visa-Vergabe begrüßte die Union.
In den 190 deutschen Botschaften und Konsulaten weltweit gehen jährlich rund 3 Mio. Visa-Anträge ein. Im Jahr 2003 wurden 2,5 Mio. Visa erteilt (2002: 2,6 Mio.; 2001: 2,75 Mio.). chw