Der am 27. September dieses Jahres
gewählte neue Deutsche Bundestag konstituierte
sich am 26. Oktober. Die seither amtierende rot-grüne Bundesregierung kündigte auf
Basis des Koalitionsvertrages zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eine Reihe neuer
Regelungen an, die Migration und Staatsbürgerschaft betreffen. Kernstück ist ein
reformiertes Staatsbürgerschaftsrecht. Dessen Ziel ist es, Einbürgerungen von in
Deutschland lebenden Ausländern zu
erleichtern. Anspruch auf die deutsche
Staatsbürgerschaft haben Erwachsene in Zukunft
bereits nach achtjährigem Aufenthalt (bisher 15
J.) und hier geborene oder aufgewachsene Jugendliche bereits nach fünfjährigem
Aufenthalt (bisher 8 J.). Die Zurücklegung der
bisherigen Staatsbürgerschaft soll nicht mehr erforderlich sein. Dies würde die
Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft als
Regelfall bedeuten. Bisher - so ergaben Umfragen - war die
Verpflichtung zur Aufgabe der alten
Staatsbürgerschaft für viele Ausländer ein
wichtiges Hindernis für eine Einbürgerung
in Deutschland.
Gänzlich neu ist eine
Regelung für in Deutschland geborene Kinder, deren
ausländische Eltern entweder selbst in Deutschland
zur Welt kamen oder vor ihrem 14. Lebensjahr
einwanderten. Diese Kinder werden als sogenannte
dritte Generation" bezeichnet. Sie sollen in Zukunft
mit der Geburt automatisch deutsche Staatsbürger werden,
wenn mindestens ein Elternteil hier seinen
ständigen Wohnsitz hat. Dies bedeutet eine gewisse Abkehr vom bisher allein gültigen
Abstammungsprinzip (ius sanguinis).
Erstmals wird der Zugang zur deutschen
Staatsbürgerschaft für eine vorläufig kleine
Gruppe von Personen Kraft Geburtsort in Deutschland
(ius soli) möglich sein. Dabei kommt es im Regelfall auch zum Erwerb einer zweiten Staatsbürgerschaft, nämlich jener der
Eltern.
Die Regierungsparteien erwarten sich
von teils erleichterter, teils automatischer Einbürgerung eine beschleunigte Integration
der 7,4 Mio. Ausländer in Deutschland. In dieselbe Richtung zielt auch der Plan, ein
Anti-Diskriminierungsgesetz zu erlassen.
Rainer Münz, Ralf Ulrich
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Das neue Staatsbürgerschaftsrecht |
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| bisherige Regelung | | zukünftige Regelung | |
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| ius sanguinis In Deutschland geborene
Kinder von Ausländern sind automatisch Ausländer. | | ius soli Kinder ausländischer Eltern
erhalten bei Geburt in Deutschland die deutsche
Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil bereits in Deutschland
geboren wurde oder bis zum 14. Lebensjahr nach Deutschland
eingereist ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. | |
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| Einbürgerung Rechtsanspruch auf
Einbürgerung von Ausländern besteht nach 15 J.
Aufenthalt in Deutschland Ermessenseinbürgerung nach 10 J. Aufenthalt.
Junge Ausländer (17-23 J.) können schon nach
8 J. Aufenthalt eingebürgert werden. Voraussetzung:
6-jähriger Schulbesuch in Deutschland. generelle Voraussetzung: Straflosigkeit | | beschleunigte
Einbürgerung Einbürg. von
Ausländern nach 8 J. rechtmäßigem Aufenthalt in
Deutschland; Einbürgerung von minderjährigen Kindern
ausländ. Familien nach 5 J., wenn ein Elternteil über
einen gesicherten Aufenthaltsstatus verfügt;
Einbürg. ausländ. Ehegatten von Deutschen
nach 3 J. Aufenthalt, wenn die Ehe seit mind. 2 J. besteht | |
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| doppelte Staatsbürgerschaft Vermeidung von
Mehrstaatigkeit; Hinnahme nur in Ausnahmefällen,
wenn die Entlassung aus der bisherigen
Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders
schwierigen Bedingungen möglich ist oder wenn
herausragendes öffentliches Interesse besteht | | doppelte Staatsbürgerschaft Erwerb der dt.
Staatsangehörigkeit ist nicht von der Aufgabe der
bisherigen Staatsangehörigkeit abhängig | |
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| eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten eigenständiges
Aufenthaltsrecht des ausländ. Ehepartners nach 4 J. | | eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten eigenständiges
Aufenthaltsrecht des ausländ. Ehepartners nach 2 J. | |
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| Kommunalwahlrecht Kommunalwahlrecht
für in Deutschland lebende Bürger eines anderen EU-Staates | | Kommunalwahlrecht Kommunalwahlrecht für alle in Deutschland
lebenden Ausländer | |
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