In Deutschland trat am 1. Januar 2000 ein neues Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) rechnet damit, dass im Laufe des Jahres etwa 200.000 Ausländer die Einbürgerung beantragen werden. Im Vergleich zu 1998, als sich 105.790 Ausländer einbürgern ließen, würde das eine Verdopplung bedeuten. Da man in den Großstädten mit einem Ansturm auf die Behörden rechnete, wurde das Personal aufgestockt.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass etwa die Hälfte der 7,3 Mio. Ausländer, die in Deutschland leben, eingebürgert werden könnte. Bereits im Oktober letzten Jahres hatte die rot-grüne Bundesregierung eine Werbekampagne zur Einbürgerung gestartet, um die ausländische Bevölkerung auf das neue Staatsangehörigkeitsrecht aufmerksam zu machen (www.einbuergerung.de). In München und Köln schrieb man vor Jahresfrist potenzielle Bewerber an und sandte ihnen Informationsmaterial zu. Tatsächlich verzeichneten Ausländerbehörden und Standesämter in den alten Bundesländern während der ersten Januarwoche vermehrt Anfragen nach dem neuen Recht. Allerdings handelte es sich größtenteils "nur" um Beratungsgespräche.
Emine Demirbüken, Vorstandsmitglied der Türkischen Gemeinde Deutschlands, sieht als mögliche Gründe für die bisher eher zurückhaltende Nachfrage auch der türkischen Bevölkerung u.a. die Erhöhung der Gebühr für Erwachsene von 100 auf 500 DM, die Regelanfrage beim Verfassungsschutz und den Sprachtest. In diesem Zusammenhang sprach sich die Berliner Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen gegen schriftliche Sprachtests bei der Einbürgerung von Ausländern in Berlin aus. Hartwig Berger, migrantenpolitischer Sprecher der Fraktion, gab zu bedenken, dass ansonsten gerade Einwanderer der ersten Generation, die nicht Lesen oder Schreiben könnten, ausgegrenzt würden. vö