Die Einführung der Green Card für Computerspezialisten wird voraussichtlich im August dieses Jahres erfolgen. Die Bundesregierung plant, im Rahmen eines Sofort-Programms in zwei Etappen bis zu 20.000 Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland nach Deutschland zu holen (vgl. MuB 2/2000 und 3/2000).
Bei den so genannten Green Cards handelt es sich um spezielle befristete Arbeitsgenehmigungen für hochqualifizierte ausländische Arbeitnehmer aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie. Durch die gezielte Anwerbung soll kurzfristig der akute Arbeitskräftemangel in dieser Branche überbrückt werden. Nach einem Treffen im Bundeskanzleramt am 2. Mai, an dem der Vorstand der Industrie-Initiative D 21, der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, sowie die Staatssekretäre der beteiligten Bundesministerien teilnahmen, gab Staatsminister Hans Martin Bury (SPD) bekannt, zu welchen Bedingungen die Fachleute nach Deutschland kommen dürfen.
Die Arbeitserlaubnis wird vorerst auf drei Jahre mit einer Verlängerungsoption von max. zwei Jahren ausgestellt. Innerhalb dieser fünf Jahre ist ein Arbeitgeberwechsel möglich, d.h. die Green Card ist nicht an einen spezifischen Arbeitsplatz gebunden. Ein Hochschulabschluss ist keine notwendige Voraussetzung für die Antragstellung, alternativ dazu genügt ein Brutto-Jahreseinkommen von mind. 100.000 DM. Diese Regelung soll u.a. Lohn-Dumping vorbeugen. Familienangehörige der IT-Experten dürfen mit einreisen, jedoch erst nach einer Frist von zwei Jahren selbst in Deutschland erwerbstätig werden.
Sobald 10.000 Green Cards vergeben wurden, soll durch ein Monitoring-Verfahren festgestellt werden, ob weiterer Bedarf für Arbeitskräfte aus dem Ausland besteht. Ferner soll geprüft werden, ob die Industrie ihrer Zusage nachkommt, bis zum Jahr 2003 zusätzlich 60.000 Ausbildungsplätze in dieser Branche zu schaffen.
Bury erklärte ferner, Bundesregierung und Wirtschaftsvertreter hätten sich auf ein sehr schnelles und unbürokratisches Verfahren geeinigt. Innerhalb von maximal sechs Wochen soll über einen Antrag entschieden und gegebenenfalls die nötigen Papiere ausgestellt werden. Vorrangprüfungen sollen sogar binnen einer Woche erfolgen.
Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit (BfA), Bernhard Jagoda, gab an, dass sich bisher bereits 1.600 ausländische IT-Fachkräfte für eine Green Card in Deutschland beworben hätten. Die Interessenten stammen überwiegend aus Ländern Mittel- und Osteuropas. Jagoda erklärte ferner, er werde auch in anderen Ländern, z.B. in Fernost, die zuständigen Behörden um Unterstützung des deutschen Anwerbungsprogramms bitten. Nach Angaben der BfA in Nürnberg waren Ende März dieses Jahres 14.000 Stellen für IT-Berufe unbesetzt.
Die Kritik an der Einführung der Green Card sowie die dadurch entfachte Debatte um ein Einwanderungsgesetz in Deutschland hält indes an. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Gunnar Uldall (CDU), kritisierte, dass auch in anderen Wirtschaftszweigen Fachkräfte fehlten, z.B. in der Gastronomie, der Landwirtschaft oder im Krankenhaussektor. Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) lehnte es jedoch erneut ab, die Green Card-Aktion auch auf andere Wirtschaftszweige auszudehnen. Die FDP kritisierte die Vergabe von Sonder-Arbeitsgenehmigungen an ausländische Experten als Heftpflasterstrategie". Stattdessen sei kontrollierte Zuwanderung im Rahmen eines Einwanderungsgesetzes nötig (vgl. MuB 3/2000).
FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle forderte eine Lösung, die sowohl den nationalen Interessen als auch der humanitären Verantwortung gerecht werde. Auch DGB-Vorsitzender Dieter Schulte sprach sich mit Blick auf den Fachkräftemangel für ein Einwanderungsgesetz aus.
Kerstin Müller, Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, erklärte, ihre Partei würde es begrüßen, noch in dieser Legislaturperiode ein Einwanderungsgesetz zu verabschieden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, hingegen erklärte, dass bis 2002 nicht mehr mit einem Einwanderungsgesetz zu rechnen ist. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bestätigte, dass die Green Card nicht als erster Schritt für ein Einwanderungsgesetz zu verstehen sei, hierbei ginge es vielmehr um die Lösung eines konkreten Problems.
Eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (siehe Box) machte deutlich, dass die Zustimmung für ein Einwanderungsgesetz in Deutschland seit 1993 erheblich gesunken ist. Während 1993 noch mehr als die Hälfte der Befragten ein Einwanderungsgesetz mit festgelegten Quoten befürworteten (55% dafür, 28% dagegen), sprachen sich in diesem Jahr nur noch 37% dafür aus (40% dagegen).
Staatsminister Bury kündigte an, dass das Kabinett die Green Card-Regelung im Mai verabschieden werde. Die Verordnung zum Aufenthaltsrecht muss jedoch noch vom Bundesrat bestätigt werden. Dies ist für den 14. Juli geplant. Allgemein wird eine Zustimmung der Länderkammer erwartet, so dass die Green Cards ab 1. August vergeben werden können. as
Weitere Informationen unter:
www.bundesregierung.de/index.htm,
"Schwerpunkte", "Greencard"