Die Debatte um den Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften in der amerikanischen Computerbranche und die damit verbundene Forderung, die Einstellungsmöglichkeiten für Fachkräfte aus dem Ausland zu erleichtern, hat vorerst ein Ende gefunden. Anfang April beschloß der amerikanische Senat, die Zahl der Arbeitsvisa für ausländische Arbeitnehmer mit besonderen Qualifikationen (H-1B Visa) von bisher 65.000 auf 95.000 für 1998 zu erhöhen. Für die folgenden Jahre sind weitere Steigerungen vorgesehen. Die Abgeordneten reagierten damit auf Forderungen der Arbeitgeberlobby, den Mangel an amerikanischen Computerspezialisten verstärkt durch ausländische Arbeitskräfte zu decken. Die Entscheidung im Rechtsausschuß des Senats stützt sich u.a. auf Bedarfsschätzungen von Arbeitgeberorganisationen sowie auf einen Bericht des Wirtschaftsministeriums vom September 1997 (siehe MuB 2/98). In dem Bericht wurde vor einem wachsenden Arbeitskräftemangel an Computerspezialisten, Systemanalytikern und Programmierern gewarnt.
Arbeitgeberverbände, wie die Information Technology Association of America, schätzen den derzeit ungedeckten Bedarf auf bis zu 346.000 Arbeitskräfte. Das Ausmaß des Arbeitskräftemangels in der Computerbranche ist jedoch umstritten. Im März 1998 veröffentlichte das General Accounting Office des amerikanischen Parlaments einen Bericht, der dem Wirtschaftsministerium schwerwiegende analytische und methodische Schwächen bei der Untersuchung der Arbeitsmarktlage im Bereich Hochtechnologie vorwirft. Die Schlußfolgerungen seien aufgrund der Ungenauigkeiten fragwürdig. Gründlichere Untersuchungen zur Arbeitsmarktlage wären notwendig. Arbeitnehmerorganisationen sprechen von Mißbrauch des H-1B-Programms. Amerikanische Arbeitgeber würden Ausländer bevorzugen, da deren Beschäftigung mit weniger Arbeitgeberleistungen verbunden sei. Ferner könnten so durch die beschränkte Dauer der Arbeitserlaubnis regelmäßig neue Arbeitnehmer zu Anfangsgehältern eingestellt werden. Die Gesetzesvorlage zur Erhöhung der H-1B Visaquote wurde von Senator Spencer Abraham (Republikaner, Michigan) eingebracht. Er ist Vorsitzender des Unterausschusses für Einwanderung im Senat. Trotz diverser Zweifel an der Richtigkeit der Schätzungen wurde die Gesetzesänderung mit 12 zu 6 Stimmen angenommen. 1998 können demzufolge bis zu 95.000 ausländische Spezialisten in die USA kommen. Für 1999-2002 wurde eine jährliche Quote von 115.000 Personen festgelegt. Ein H-1B Visum berechtigt zu einem maximal sechsjährigen Arbeitsaufenthalt in den USA. Ein alternativer Vorschlag der Demokraten, welcher die Zahl der H-1B Visa für die kommenden 3 Jahre auf lediglich 90.000 pro Jahr erhöht hätte, wurde damit abgelehnt. as
Quelle: "Lack of Tech Workers Disputed", Washington Post, 23.3.1998; "Committee clears Bill to Allow More Immigrant High-Tech Workers", New York Times, 3.4.1998; "Some cant find work despite computer skills, Yet industry says it must hire foreigners", San Diego Union-Tribune, 7.3.1998