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Europa: Diskussion um Burkaverbot

In Europa gibt es erneut Diskussionen über den Umgang mit Burkaträgerinnen. In mehreren Ländern wird über Verbote nachgedacht. Ausgelöst wurde die Debatte in Frankreich, wo eine Untersuchungskommission des französischen Parlaments Ende Januar vorgeschlagen hatte, das Tragen von Vollverschleierungen in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln zu verbieten.

In der Vergangenheit hatte bereits das muslimische Kopftuch in mehreren europäischen Ländern zu Diskussionen geführt. Die Argumente in den verschiedenen Staaten ähneln sich (vgl. MuB 3/09, 2/08, 9/06).

Frankreich: In Frankreich wird seit vergangenem Sommer über den Umgang mit Frauen diskutiert, die eine Burka tragen (vgl. MuB 9/09, 6/09). Die Debatte sorgte auch innerhalb der einzelnen Parteien für Dissens. Eine parteiübergreifende Kommission forderte unlängst ein Verbot der Ganzkörperverhüllung in allen öffentlichen Einrichtungen (vgl. MuB 1/10). Die Sozialisten waren der Abstimmung ferngeblieben, und die Regierungsparteien stritten bis zuletzt über den Umfang eines Verbots. Sie einigten sich darauf, dass Frauen in Burka oder mit Nikab, d. h. Gesichtsschleiern mit Sehschlitzen, keinen Zutritt zu Behörden, Krankenhäusern, Sozialdiensten, Schulen und öffentlichen Verkehrsmitteln haben sollen.

Die gesetzliche Umsetzung ist aufgeschoben, da zunächst der Verfassungsrat prüfen muss, ob ein Verbot rechtlich überhaupt zulässig ist.

Die Diskussion setzte sich inzwischen fort: Anfang Februar wurde der Einbürgerungsantrag eines Marokkaners abgelehnt, da der Mann von seiner Frau das Tragen einer Ganzkörperverschleierung verlangte.

Deutschland: In Deutschland sagte die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und Islamexpertin Lale Akgün anlässlich der französischen Debatte Anfang Februar in einem Interview: „Die Burka ist ein Ganzkörpergefängnis, das die Menschenrechte tief verletzt. Es wäre ein wichtiges Zeichen, die Burka in Deutschland zu verbieten.“ Dies solle zumindest in Schulen, Universitäten und an sicherheitssensiblen Orten wie Banken oder Flughäfen gelten.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) plädierte für ein Verbot der Ganzkörperverschleierung im Staatsdienst. SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz betonte dagegen, man habe „ein anderes Verständnis von Freiheit als die Franzosen“ und wolle keine Kleidervorschriften einführen. Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, sprach sich dafür aus, die Burka zu „ächten“.

Für den FDP-Innenexperten Hartfrid Wolff ist ein Verbot derzeit nicht denkbar; es gebe bereits genügend Regelungen, Burkaträgerinnen zu sanktionieren, zum Beispiel durch Hausverbote in Gaststätten oder Vereinen. Für Grünen-Parteichef Cem Özdemir ist die Diskussion dagegen eine „Symboldebatte, die an den wahren Konflikten vorbeigeht“. Die Zahl der Burkaträgerinnen sei in Deutschland verschwindend gering. „Die Burka wird von der übergroßen Mehrheit aller Muslime, auch der Kopftuchbefürworter, abgelehnt“, sagte Özdemir. Politiker der Fraktion Die Linke wollen sich aufgrund parteiinterner Differenzen bislang nicht zu dem Thema äußern.

Großbritannien: Der französische Vorstoß hat auch in Großbritannien eine öffentliche Debatte provoziert. Hier forderten die rechtsextreme British National Party und die rechtspopulistische UK Independence Party ein Burkaverbot. Für ein solches Verbot in bestimmten öffentlichen Bereichen spricht sich die Gruppe „British Muslims for Secular Democracy“ aus. Deren Vorsitzende Yasmin Alibhai-Brown warf „westlichen Liberalen“ vor, aus falsch verstandener Toleranz gegen ein Burkaverbot zu sein.

Bildungsminister Ed Balls (Labour) sagte dagegen, er wolle nicht in einer Gesellschaft leben, in der den Leuten vorgeschrieben werde, was sie auf der Straße tragen dürften. Ein Burkaverbot halten Umfragen zufolge viele Briten für eine Einmischung des Staates in die Privatsphäre.

Dänemark: In Umfragen sprach sich eine Mehrheit der dänischen Bevölkerung für ein Burkaverbot aus. Die an der Regierung beteiligte Konservative Folkeparti will den Ganzkörperschleier in der Öffentlichkeit verbieten, weil die Burka ihrer Ansicht nach nicht mit dänischen Werten vereinbar sei. Die Partei musste ihre Forderung aber wegen verfassungsrechtlicher Bedenken aus dem Justizministerium zunächst zurückziehen.

Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen (Liberale) sagte, er sei zwar dagegen, dass Burkas in Schulen geduldet würden, doch sei es in Dänemark nicht Tradition, mit Gesetzen gegen Bekleidung vorzugehen. Eine Regierungskommission ermittelte, dass nur drei Frauen in Dänemark regelmäßig eine Burka tragen, 100 bis 200 Frauen tragen den Nikab.

Niederlande: In den Niederlanden sind mehrere Gesetzentwürfe der Regierungsparteien CDA (Christdemokraten), VVD (Liberale) und D66 (Linksliberale) zu einem Verbot der Burka in Schulen und dem öffentlichen Dienst in Arbeit. Das Bildungsministerium ließ mitteilen, dass sich das Verbot auch auf Universitäten erstrecken soll. Gesundheitsminister Ab Klink (CDA) plädierte für die Ausweitung des Verbots auf den gesamten Gesundheitsbereich.

Bereits im Herbst 2009 forderte der sozialdemokratische Bürgermeister von Amsterdam Job Cohen (PvdA), Burkaträgerinnen das Arbeitslosengeld zu streichen, sofern sie aufgrund ihrer Verhüllung keinen Arbeitsplatz bekommen. „Wir finden, dass jeder alles Zumutbare tun muss, um für den Arbeitsmarkt geeignet zu sein“, sagte auch PvdA-Abgeordneter Jeroen Dijssebloem.

Die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) erklärte, ein Stopp des Arbeitslosengeldes für Verschleierte gehe nicht weit genug. Das Burkatragen in der Öffentlichkeit müsse generell verboten werden. Rechtspopulist Geert Wilders (PVV) fordert ebenfalls ein generelles Verbot.

Italien: Dem italienischen Parlament liegen derzeit vier verschiedene Gesetzentwürfe von Regierung und Opposition für ein Verbot der Vollverschleierung vor. Zuwiderhandlungen könnten nach einer Verabschiedung mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Zu den Befürwortern eines Burkaverbots zählen die rechtsextremen Parteien Lega Nord und Alleanza Nationale. Die Oppositionspartei der Demokraten indes bezeichnet die aktuelle Diskussion als „Propagandakreuzzug“.

Tatsächlich gibt es in Italien bereits ein Verbot der Vollverschleierung. Seit 1975 ist die Verhüllung des Kopfes auf öffentlichen Plätzen untersagt. Frauenministerin Maria Carfagna (Forza Italia) will ein Burkaverbot dennoch ausdrücklich in das alte Gesetz schreiben. Die Burka sei kein religiöses Symbol, sondern ein „Akt der Unterdrückung“. Wer die Burka trage, dürfe nicht die italienische Staatsbürgerschaft erhalten, sagte Carfagna. Kritik an einer Gesetzesänderung kommt von Außenminister Franco Frattini (Forza Italia). Aus seiner Sicht sei nur wichtig, dass eine Person aus Sicherheitsgründen erkennbar ist. Das müsse auch für Burkaträgerinnen gelten. chw

Weitere Informationen:
www.assemblee-nationale.fr/13/commissions/voile-integral/voile-integral-20100126.asp
www.integrationsbeauftragte.de
www.bmsd.org.uk

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